Aufklärung ist Prävention

20. Internationaler Tag gegen Lärm

Tag des Lärms 2017

Mainz, 27.04.2017 – Wie wir Kinder vor Lärm schützen können war Thema der
gemeinsamen Veranstaltung der Bundesinnung der Hörakustiker KdöR (biha) und der
Deutschen Tinnitus-Liga e.V. (DTL) zum „Internationalen Tag gegen Lärm“. Namhafte
Vertreter aus Medizin, Forschung und Praxis führten in das Thema ein und beleuchteten
vor allem den Alltag mit Blick auf das sensible kindliche Gehör. Wo beginnt Lärm,
welche Folgen hat er und warum müssen Kinder besonders geschützt werden?

Georg Jaspert, Delegierter der biha, betont, dass gerade für Hörakustiker, die jeden Tag mit den Folgen von Lärmeinwirkung konfrontiert sind, Lärmprävention sehr wichtig sei: „Mehr Sensibilisierung der Öffentlichkeit treibt die Prävention voran.“ Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, sieht Lärmschutz bei Kindern ebenfalls als enorm wichtiges Thema an. Hier spreche er auch als Vater.

Unsere Ohren - 24 Stunden auf Empfang

20.Internationaler Tag gegen Lärm

Wie Lärm entsteht und auf das Gehör trifft, weiß Siegrid Meier, Dozentin der Akademie für Hörakustik (afh) in Lübeck: „In der Natur gibt es fast nie nur einen Ton. Ein Geräusch ist daher fast immer eine Vielzahl einzelner Töne, die das Gehör des Menschen ständig, 24 Stunden am Tag, identifiziert.“ Eine unglaubliche Leistung, die zeigt, dass das Gehör geschützt werden müsse. 

Ein Ton zuviel: Ein lauter Knall kann bereits zu viel sein, auch im Kinderzimmer: Ein platzender Luftballon erreicht eine Lautstärke von 150 dB, eine Spielzeugpistole ebenfalls. Der Ton eines Quietscheentchens schlägt mit 130 dB zu Buche. Direkt neben dem Ohr kann dieser Krach das kindliche Gehör irreparabel schädig  

Schon Schulkinder hören schlecht: Prof. Dr. Martin Walger, Leiter der Audiologie und Pädaudiologie der Klinik für HNO-Heilkunde der Uniklinik Köln, Leiter des Cochlear-Implant-Zentrums Köln (CIK) und des Hörscreeningzentrums Nordrhein sowie Präsident der deutschen Gesellschaft für Audiologie: „Vier bis fünf Prozent der Schulkinder sind von einem Hörverlust ab 25 dB und mehr betroffen. Hinzu kommt eine beträchtliche Dunkelziffer.“ Zu den bekannten Folgen von Lärm für das Gehör gehören Störungen von Schlaf, Herz- und Kreislaufsystem, Konzentration und Lernfähigkeit sowie eine erhöhte Stressanfälligkeit.

Lärm als unterschätzte Gefahr

„Besonders gefährlich sind Lärmimpulse“, weiß Professor Walger. „Fünf Prozent der Gehörschäden an Silvester betreffen unter 25-jährige, das sind Kinder!“ Hier werde deutlich, dass Eltern ihre Kinder schützen müssen, auch „weil Kinder selbst Lärm und seine Gefahren nicht einschätzen können.“ 

Qualifizierte Hörakustiker in Ihrer Nähe

Hörscreening und Hörhilfen für die Kleinsten: Dr. Ruth Lang-Roth, Oberärztin und Leiterin der Phoniatrie und Pädaudiologie, Leiterin des CIK und Leiterin der Hörscreeningzentrale Nordrhein, ist Expertin für die Entwicklung des kindlichen Gehörs, frühkindliche Hörstörungen und ihre Diagnostik.
Ungeborene hören bereits in der 25. Schwangerschaftswoche. Zwischen dem 2. und 4. Tag nach der Geburt wird der erste Hörtest, ein Hörscreening, unternommen. Dennoch werden manche Hörstörungen erst nach dem 12. Lebensmonat entdeckt, „wenn nämlich das heiß ersehnte ‚Mama‘ oder ‚Papa‘ ausbleibt“, weil sich aufgrund einer Hörschwäche die Lautsprache nicht entwickelt. Leichtere Beeinträchtigungen würden sogar erst im Schulalter entdeckt. Das 2009 eingeführte Hörscreening von Neugeborenen sei daher elementar wichtig.

„Hörbeeinträchtigungen sind die häufigste Sinnesbehinderung bei Kindern. Es betrifft 2 bis 3 Neugeborene unter 1.000. Und 50 Prozent aller kindlichen Hörstörungen entwickeln sich erst nach der Geburt.“ Regelmäßige Kontrolle ist wichtig. „Wir sind alle aufgefordert, wachsam zu sein. Kein Kind ist zu klein für eine Hörsystemversorgung“, sagt Lang-Roth. „Wir finden Lösungen, beispielsweise mit so genannten FM-Anlagen.“ Hier helfen Hörakustiker, die sich besonders auf die Versorgung von Kindern spezialisiert haben, dem Pädakustiker.  

Lärmschutz geht noch besser

Prof. Dr. Katrin Neumann kennt die verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen für Lärmschutz im Kindesalter, das betrifft Spielzeuge wie Schulräume und das alltägliche Leben. Sie wünschte sich noch besseren Lärmschutz in Deutschland. „Eine Gesellschaft ist umso fortschrittlicher, je sensitiver sie damit umgeht“, sagt Neumann. Schluss mit Schall: Dirk Köttgen, Hörakustiker-Meister, stellt verschiedene Gehörschutze vor, die es für Kinder und Babys gibt. Sie können bis zu 25dB aus der
Lärmspitze nehmen. Für Kinderohren sehr wichtig. Die regelmäßige Kontrolle ist wichtig, da durch das Wachstum der Kinder und damit auch ihrer Ohren der Schutz nicht mehr passt und Schall durchlässt.

Das Fazit der Experten: Gehörschutz beginnt mit der Aufklärung, er geht weiter mit der Architektur von Gebäuden und Räumen bis zur Ausstattung. Ein Teppich an der Wand – z. B. in Turnhallen – schützt schon deutlich vor Lärm. Lärmampeln und LärmApps zeigen objektiv auf, wie laut es im Raum ist. Die Experten fordern: „Prüfen Sie Ihre Hörgewohnheiten.“ Ständige Beschallung durch Radio, Fernseher, Computer oder Smartphone setzen Kinder einer ständigen Lärmquelle aus. Pausen sind für das kindliche Gehör unbezahlbar. In ruhiger Atmosphäre ein Buch vorzulesen wäre bereits eine wertvolle Auszeit. Der wohl einfachste und doch wichtige Rat an die Eltern und Erzieher: Mit der
Entfernung von der Geräuschquelle nimmt die Lärmbelastung überproportional ab. 

Quelle: biha
Bild: Pixabay/ Biha


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