Echte Hilfe oder Patienten-Abzocke?
Immer noch zählen Tinnitus und Hörsturz zu den Krankheitsbildern des Ohres, für die es noch kein eindeutiges und damit erfolgsversprechendes Behandlungskonzept gibt. Unter der Vielzahl der existierenden Therapieansätze lässt es sich daher schwer beurteilen, welche Methode die beste für Betroffene ist. Auch gibt es Meinungen, dass manche Methoden eher dem Wohl des Therapeuten dienen. In einem Interview der überregionalen Wochenzeitschrift „DIE ZEIT“ ging man diesen Fragen nach und befragte dazu ein Expertenteam, bestehend aus einem hessischen Chefarzt für Hals-Nasen-Ohren Heilkunde, einem bayerischen Professor und einer Musiktherapeutin.
Hörsturz ist Eilfall aber kein Notfall
Wurde vor einigen Jahren ein Hörsturz als akut zu behandelnder Notfall eingestuft, so sind Mediziner heute der Meinung, dass ein Hörsturz auch nach 2 Tagen behandelt werden kann. Als erste Maßnahme bei Hörsturz zählt daher Ruhe bewahren und Progressive Muskelentspannung. Je nachdem welcher Frequenzbereich betroffen ist, kann sich das Gehör teilweise auch von allein wieder erholen. Die beste Regeneration des Gehöres obliegt dabei dem Hörsturz, der den Tieftonbereich reduziert. Oftmals, laut HNO-Chefarzt, wird aber auch eine tieftonbeeinträchtigende Endolymphschwankung als Hörsturz verkannt und ebenso behandelt. Diese, vermutlich durch Stress ausgelöste Stauung der Innenohr-Lymphflüssigkeit, auch als Hydrops bekannt, ist allein durch Ruhe und Entspannung therapierbar.
Fehlende Differenzierung führt zu falschen Entscheidungsgrundlagen
Qualifizierte Hörakustiker in Ihrer Nähe
Das Expertenteam ist sich einig und findet dies als Unverschämtheit dem Patienten gegenüber. Auch die Gabe von HAES, ein Blutplasma-Ersatz, dass die Fließeigenschaft des Blutes und damit den Hörsturz bzw. Tinnitus lindern soll, kommt immernoch zum Einsatz und zählt zum Portfolio der IGeL-Leistungen der HNO-Ärzte. Selbst von den beiden großen Pharma-Hersteller sei HAES und die Gabe von Tentral zur Behandlung eines Hörsturzes, aufgrund der schweren Nebenwirkungen, abgelehnt.
Hörgeräte können Abhilfe bei Tinnitus bieten
Zahlreiche kostspielige und abstruse Behandlungsansätze, wie die Einnahme von Gingko-Präparaten, Akupunktur, gezielte Entfernung von Tinnitusfrequenzen bei Musikstücken u.v.m. gibt es auch bei Tinnitus, so die Meinungen der Interview-Teilnehmer. Auch bei Tinnitus sei eine Medikamentengabe völlig sinnlos, laut HNO-Chefarzt. Als wirkungsvollste Methode habe sich gezieltes Hinhören und Konzentration auf bestimmte Musikinstrumente oder Melodien bewährt. Schon eine Viertelstunde pro Tag helfe dem Gehirn zum Umlernen und bestimmte Hörareale im Gehirn zu stimulieren. Denn Tinnitus ist keine Krankheit, sondern ein Symptom, ausgelöst von einer Fehlfunktion unseres Körpers, auf dass sich gerne und bewusst konzentriert wird. Im Umkehrschluss kann eine Linderung des Tinnitus durch ein Ablenken der Konzentration auf den Tinnitus erreicht werden. Oftmals steht der Tinnitus im Zusammenhang mit einer Hörminderung und ist nur deshalb vorhanden, weil die Haarsinneszellen versuchen diesen Frequenzbereich neuronal auszugleichen. Hier kann ein Ausgleich mittels Hörgeräten helfen und die Aktivität der Tinnitus-Frequenzen lindern. Auch hier steht der Behandlungserfolg im direkten Zusammenhang mit einem zeitnahen Handeln.
Unser Fazit: Erhält man die Diagnose Tinnitus oder Hörsturz so gilt als erstes Ruhe bewahren und sich gegebenfalls eine zweite Meinung einzuholen. Ein Hörtest bei einem Hörakustiker liefert ein schnelles Ergebnis über das eigene Hörvermögen und gibt Aufschluss, ob ein Hörgerät zur Linderung des Tinnitus helfen kann.
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