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2023: Fachkräftemangel gefährdet Hörakustik

Einmal jährlich führt die Bundesagentur für Arbeit eine Engpassanalyse durch. Anhand dieser bewertet sie die Fachkräftesituation am Arbeitsmarkt. Für alle Berufsgattungen wird mithilfe verschiedener Indikatoren ein Punktwert ermittelt: Während Berufe mit dem Wert 0 sehr weit von Anzeichen eines Engpasses entfernt sind, wird alles zwischen 2 und 3 als Engpassberuf gewertet. Betroffen sind davon vor allem Handwerks- und Gesundheits-Berufe. Die Hörakustik, der man beide Kategorien zuschreiben könnte, liegt mit 2,3 Punkten auf Platz 23.

2023: Fachkräftemangel gefährdet Hörakustik

Pflasterer, Tiefbauer, Leitungsinstallateure, Pflegefachkräfte – das sind laut der Bundesagentur für Arbeit die vier am meisten gefährdeten Berufe, wenn es um Fachkräfteengpässe geht. Handwerk und Gesundheit – zwei für die Gesellschaft essenzielle Pfeiler, die seit Jahren von Fachkräfte-Engpässen betroffen sind. Und die Hörakustik mittendrin: Auf Platz 23 von knapp über 70 rangiert das Berufsbild, mit einem Punktwert von 2,3. Auch die Augenoptik auf Platz 43 und mit 2,2 Punkten findet sich in dieser Liste wieder.

Ein Viertel der Berufstätigen geht bald in Rente

Diese Engpässe könnten schon bald zu einem großen Problem werden, wie ein Artikel des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) nahelegt: Fast jeder vierte Beschäftigte in Deutschland ist über 55 Jahre alt. Das heißt, dass in den nächsten 10 Jahren insgesamt 7,3 Millionen Menschen durch Renteneintritt aus dem Arbeitsleben ausscheiden. 2 Millionen von ihnen arbeiten in Berufen, in denen bereits heute Fachkräfte fehlen.

Besonders betroffen sind davon beispielsweise Berufskraftfahrer mit einem Fachkräftemangel von 32,4 Prozent: Schon im September 2021 konnten über 6000 Stellen rechnerisch nicht besetzt werden und in den nächsten 10 Jahren werden dort mehr als 180.000 Personen in Rente gehen. Das zieht weitere Engpässe nach sich.

Es gibt Lösungen für den Fachkräftemangel

Engpassberufe-Grafik
Die Hörakustik befindet sich in den Top 5 der Einzelhandels-Berufe mit den meisten unbesetzten Ausbildungsstellen.
Quelle: KOFA

Eine einfache Lösung scheint auf der Hand zu liegen: Ein größeres Ausbildungsangebot sichert den Nachwuchs – so die Theorie. In der Praxis bemühen sich Branchen wie die Hörakustik bereits, intensiver auszubilden. Ob das genügt, stellt das KOFA in Frage. Blickt man auf die Hörakustik als Teil des Einzelhandels, schneidet sie nicht besonders gut ab: Im August 2022 stufte das KOFA die Branche als Top-5-Beruf nach Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen ein. 26,5 Prozent dieser Stellen waren im Zeitraum von Juli 2021 bis Juli 2022 nicht besetzt. Ein weiteres Problem, von dem in der Branche oft berichtet wird: Viele junge Gesellen wechseln nach der Ausbildung in die Industrie oder beginnen eine andere Lehre.

Aber das Institut der deutschen Wirtschaft hat weitere Lösungsansätze parat: Ein künftig flexibles Rentenalter beispielsweise könnte den bevorstehenden Fachkräftemangel deutlich mildern. Das Knowhow erfahrener Fachkräfte würde dann länger genutzt werden können – wenn diese das wollten. Die Bundesagentur für Arbeit schlägt weitere Modelle vor, beispielsweise eine Verlängerung der Arbeitszeiten von Menschen, die in Teilzeit oder weniger arbeiten sowie ein flexibles Fortbildungsprogramm für bereits Berufstätige. Gleichzeitig müsse für berufstätige Eltern selbstverständlich auch das Betreuungsangebot ausgebaut werden.

Großes Potenzial: Ausbildung von Quereinsteigern

Nicht zu vernachlässigendes Potenzial schlummert außerdem in der Aus- und Weiterbildung von Quereinsteigern. Insbesondere Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung sind knapp und bereits heute stellen viele Hörakustik-Betriebe Menschen ein, die zuvor in anderen Berufsfeldern beschäftigt waren. Quereinsteiger können Tätigkeiten übernehmen, für die keine klassische Ausbildung vonnöten ist und stehen dann beispielsweise an der Kasse oder nehmen Reparaturen an, während die Hörakustik-Fachkraft Anpassungen durchführt.

Wer sich für einen Quereinstieg im Bereich Hörakustik interessiert, kann sich bei entsprechenden Anbietern informieren: Entsprechende Weiterbildungen werden zum Beispiel von den BAK Bildungszentren, audibene, von oton&friends, der earcademy oder dem Hörgerätehersteller Signia angeboten.

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