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Azubi-Mangel im Hörakustik-Handwerk

Handwerksberufe haben es nicht leicht. Der Azubimangel macht sich vor allem bei den FleischwarenverkäuferInnen, den KlempnerInnen, in der Gastronomie und im Beton- und Stahlbau bemerkbar, wie man einem aktuellen Tagesschau-Artikel entnehmen kann. Momentan geht das Thema „Azubi-Mangel“ durch sämtliche Presse. Und auch die Hörakustik verbucht seit Jahren Einbußen in Sachen Nachwuchs. Verantwortlich gemacht werden kann hierfür Corona – aber nur zum Teil. Statistiken verraten: Ein Mangel an Interesse bestand schon vor der Pandemie.

Azubi-Mangel im Hörakustik-Handwerk

Grafik-Tagesschau
Die Tagesschau stellt eindrücklich dar, welche Berufe am meisten vom Azubimangel betroffen sind.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) erhebt jährlich die neu geschlossenen Ausbildungsverträge in Deutschland. Seit Corona macht sich ein erhebliches Minus bemerkbar: Von 2019 auf 2020 gab es 11 Prozent weniger abgeschlossene Ausbildungsverträge, in Zahlen 57.600. Verantwortlich dafür waren gleichsam das gesunkene Ausbildungsplatzangebot wie eine gesunkene Nachfrage. 2021 hingegen stieg das Angebot um 8.800 Stellen – die Nachfrage allerdings sank erneut um 4.800.

Im besonderen Maße davon betroffen ist auch die Hörakustik-Branche. Von Jahr zu Jahr werden immer weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen. Die Pandemie hat das ganze noch verstärkt: Durch Schulschließungen und Betriebsbeschränkungen waren Berufsorientierungs-Veranstaltungen und Betriebspraktika nur eingeschränkt möglich. Ausbildungsmessen, und Infotage an Schulen, auf welchen sich Hörakustik-Fachbetriebe regelmäßig präsentierten, fielen aus oder fanden wenn dann nur digital statt.

Hörakustik: Jede dritte Stelle unbesetzt

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Unter den Berufen in der Gesundheitsbranche ist die Hörakustik am zweitmeisten vom Azubimangel betroffen.

Die Hörakustik verlor von 2020 auf 2021 erneut knapp 10 Prozent an neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Damit zählt die Hörakustik zusammen mit Berufsfeldern wie Beton- und Stahlbau, Verkauf Fleischwaren oder Klempner zu den besonders betroffenen Berufen. 2021 waren knapp 30 Prozent der Ausbildungsstellen in der Hörakustik unbesetzt.

Warum sich auch schon vor Corona immer weniger Schulabgänger für Handwerksberufe interessierten, lässt sich nur vermuten. Argumente sind vielleicht Unsicherheit, lange Arbeitszeiten und ein zu geringes Einkommen sein. Auf viele Handwerksberufe – darunter auch die Hörakustik – trifft das jedoch gar nicht zu. 

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Laut Statistiken des BIBB sank das Interesse an Ausbildungsberufen auch schon vor Corona. Die Pandemie zeichnet sich dennoch für einen enormen Knick verantwortlich.

Im Zweifel absolviert man, wenn ein Studium nicht möglich ist, eine Ausbildung vermeintlich sicheren Berufen wie im öffentlichen Dienst oder als Fachkraft für Steuern, als Industriekaufmann/ -frau mit attraktiver Gehaltsaussicht oder in angesagten kreativen Berufen in Agenturen.

Dabei hat das gerade Handwerk einen sprichwörtlichen goldenen Boden. Nur: Diese Botschaft dringt nicht mehr durch. Oder sie soll nicht durchdringen, was wiederum eher ein gesellschaftliches Thema ist. Die zentrale Herausforderung ist es also, die Attraktivität des Berufsbildes zu betonen und mit Vorurteilen gegenüber Handwerksberufen aufzuräumen. Innungen, Kammern und die Betriebe selbst sind hier gefragt.

Sozial Medien Nutzen

Ein Beispiel für eine solche Initiative liefert Hörgeräte Seifert. Seit 2019 gibt das Instagram-Profil Seifert Azubis Einblicke in den Hörakustik-Alltag und Infos rund um die Themen Hörakustik und Hörgeräte. Wir haben bei Social-Media Managerin Brigitte Theil nachgefragt, wie das bei der Zielgruppe ankommt. „Am Anfang haben erst eher die Kollegen gefolgt. Mittlerweile ist der Kanal in der Zielgruppe angekommen. Bei unseren Willkommensveranstaltungen Anfang des Ausbildungsjahres fragen wir immer, wer den Kanal kennt. Mittlerweile melden sich dann fast alle. Zwei, drei haben sogar eine Anzeige gesehen und sind darüber auf uns gekommen.“

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Post des Instra-Profils Seifert Azubis

Egal wie nischig dieses Instagram-Profil sein mag – Hörgeräte Seifert erreicht darüber genau ihre Zielgruppe. Und mittlerweile wächst die Followerschaft konstant, auch wenn einmal zwei Wochen nichts gepostet wurde.

Übrigens: Ein Trend, der sich auch in anderen (Handwerks-)berufen wiederfindet. Mittlerweise gibt es einige Tischler, Bestatter und Köche, die auf Insta zeigen, was ihre Berufe ausmachen.

Fachkräftemangel unverändert hoch

2018 haben wir bereits über den Fachkräftemangel in der Hörakustik berichtet. Sie war damals in den Top 5 der Engpassberufe. Nach aktuellen Analysen* steht es um die Hörakustik nicht mehr ganz so schlecht wie damals. Außerdem: Die 30 Prozent der nicht besetzten Stellen und der fehlenden Azubis hat sich seitdem nicht noch weiter verschlechtert. Nun ist es an den Fachbetrieben und der biha, Schritt für Schritt unter die 30 zu kommen.