Nachdem das australische Unternehmen Nuheara letztes Jahr die erste FDA-Hörgeräte-Zulassung für seine iQbuds Pro in den USA bekanntgab, wartet er nun mit einer weiteren Überraschung auf: Eine Studie sollte den Nutzen der Nuheara iQbuds mit dem herkömmlicher Hörsysteme vergleichen. Insbesondere die Selbstanpassungssoftware Ear ID stand im Fokus. Die Studie verlief erfolgreich: Mit etwas Glück bedeutet diese Studie für die USA bald das erste selbstanpassbare Hörsystem, das FDA-zertifiziert ist.
Das australische Unternehmen Nuheara stellt recht untypische „Hörgeräte“ her: Optisch erinnern sie eher an Bluetooth-Earbuds. Im Inneren steckt allerdings hochentwickelte Technik, die Schwerhörigen ein besseres Verstehen ermöglichen soll.
Bisher verfolgte der Hersteller zwei Strategien: Die aktuell auf dem Markt erhältlichen, selbstanpassbaren iQbuds2 sind offiziell keine Hörgeräte, helfen aber beim Verstehen in herausfordernden Hörsituationen. Die im Frühjahr letzten Jahres bekanntgegebenen iQbuds2 Pro wurden bereits von der FDA als professionell anpassbares Hörgerät durchgewunken, sind allerdings noch nicht auf dem Markt erhältlich.
Jetzt möchte sich Nuheara offenbar noch eine dritte Möglichkeit offenhalten: Eine erfolgreich abgeschlossene Studie sichert die Wirksamkeit von Nuheara-Hörgeräten, die mit der Selbstanpassungssoftware Ear ID eingestellt wurden. Der Hersteller strebt damit eine Aufnahme seiner entsprechenden Produkte in die Kategorie medizinisch wertvoller Hörsysteme durch die FDA an. Läuft alles nach Plan, könnte schon bald das erste selbstanpassbare FDA-regulierte Hörsystem auf dem Markt sein – und allem Anschein nach ist das gar nicht so unwahrscheinlich.
Genauso gut wie herkömmliche Hörsysteme
© Nuheara
Die Studie wurde von professionellen Audiologen und Forschern der National Acoustic Laboratories (NAL) in Australien durchgeführt. Teilgenommen haben sowohl Normalhörende als auch Patienten mit leichter und mittlerer Schwerhörigkeit. Im Allgemeinen konnte erfolgreich festgestellt werden, dass die getesteten iQbuds mit ihrer self-fitting Ear ID-Software in allen für die Zulassung erforderlichen Punkten überzeugen. Sie sind demnach in der Lage das Sprachverstehen im Lärm und die Fähigkeit, Gesprächen zu verfolgen, zu verbessern, den Hintergrundpegel signifikant zu reduzieren und eine allgemeine Hörverbesserung bei Alltagsgesprächen herbeizuführen.
Verglichen mit traditionellen Hörsystemen, die im Fachgeschäft angepasst werden müssen, erreichen die iQbuds von Nuheara erstaunliche Werte: Es konnte bei aktivierter FOCUS-Funktion eine Verbesserung von Sprache in der Umgebung um 30 Prozent ermittelt werden. Auch herkömmliche Hörsysteme mit Richtmikrofonen kommen auf 25 bis 30 Prozent. Die Wirksamkeit der Nuheara Ear ID-Selbstanpassungsmethode wurde ebenfalls validiert – mit positiven Ergebnissen im Sinne der weltweit etablierten NAL-NL2-Anpassformel.
510(k): Die Eintrittskarte in den US-Medizinprodukte-Markt
Die USA wird von fünf großen Hörgeräteherstellern dominiert. Kleinere Unternehmen, die von der FDA reglementierte Hörsysteme herstellen, gibt es kaum. Das liegt auch an den großen Hürden, die es für Neueinsteiger zu überwinden gilt. Im Zentrum steht der sogenannte 510(k)-Antrag, der der FDA gegenüber rechtfertigen soll, dass es sich um ein medizinisch sicheres und wirksames Produkt handele. Die von Nuheara erfolgreich durchgeführte Studie ist ein wichtiger, vervollständigender Bestandteil dieses Antrags, der nun bis Ende März 2022 bei der FDA eingereicht werden kann.
Selbstanpassbare Hörsysteme
Auch wenn hierzulande der Bedarf an Hörlösungen gedeckt zu sein scheint, ist in Flächenländern wie den USA und Australien eine zuverlässige Versorgung mit Hörgeräten nur schwer zu gewährleisten. Hörsysteme zum Selbstanpassen könnten eine erhebliche Entlastung für Menschen in ländlichen Gegenden sein, die keine schnelle Anbindung zu Hörakustikern und Audiologen haben. Konzepte wie die von Nuheara könnten dafür sorgen, dass eine Versorgung mit sicheren, reglementieren Hörsystemen kein Luxusgut mehr sein muss.
Misstrauen bei Investoren
Nuheara ist definitiv ein spannender Außenseiter mit Potenzial. Doch trotz wegweisender Konzepte und News wie die Vertriebsübernahme durch Sonova hat Nuheara nur bedingt das Vertrauen der Investoren. Der Aktienkurs fällt seit Monaten stetig. Nachvollziehbar: Die längst überfällige Markteinführung der iQbuds Pro, von der man bis heute nichts mehr hörte und ein nun völlig neues Konzept, das sich nicht in die Thematik einzuordnen weiß, lassen Raum zur Spekulation. Den Australiern Nuheara ist es nur zu wünschen, dass ihre Konzepte aufgehen.
