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Neuer vdek-Vertrag: Das müssen Sie wissen.

Seit 1. Januar 2023 gilt ein neuer Vertrag zwischen dem Verband der Ersatzkassen (vdek) und der Bundesinnung der Hörakustiker (biha). Kurz und knapp: Hörakustiker eines vdek-Mitglieds bekommen nun mehr Geld für die Versorgung, allerdings besteht jetzt ganz offiziell nicht mehr unbedingt Anspruch auf ein neues Gerät nach 6 Jahren. Dieser ist nun an bestimmte Bedingungen geknüpft. Stattdessen gibt es zusätzliche Reparatur- und Servicepauschalen für jedes Jahr über das sechste hinaus.

Neuer vdek-Vertrag: Das müssen Sie wissen.

Die Hintergründe zum neuen vdek-Vertrag

Im April 2022 legte der Spitzenverband der Krankenkassen neue Rahmenbedingungen für die Hörgeräteversorgung fest: Ein Hörgerät muss nun beispielsweise mindestens 6 statt 4 einstellbare Frequenzkanäle und ein Richtmikrofon besitzen. Außerdem wurde die Maximalerstattung der Krankenkassen auf 838,20 € (brutto) pro Hörgerät festgelegt. Dass diese Rahmenbedingungen – insbesondere in Hinsicht auf den Zuzahlungsbetrag – lediglich einen Anhaltspunkt für die später durchgeführte Praxis beschreiben, stellte die anschließende Vertragsverhandlung zwischen biha und dem Verband der Ersatzkassen (vdek) eindrücklich unter Beweis.

Der vdek deckt etwa 38 Prozent der deutschen Versicherten ab. Wegen seines Einflusses orientieren sich auch andere Krankenkassen an den Bedingungen des vdek – für die biha ist eine möglichst positive Einigung mit diesem Verband daher von besonders großem Interesse – für die Innungsmitglieder und Patienten. Wegen grundsätzlich unterschiedlicher Vorstellungen u.a. bezüglich der neuen Festbeträge für Hörgeräte zog sich die Verhandlung jedoch über Monate hinweg.

Schließlich initiierte die biha ein Schiedsverfahren: Innerhalb von drei Monaten sollte unter Leitung des Schiedsrichters Prof. Kingreen eine Entscheidung getroffen werden. Das Verfahren kostete nicht nur eine Menge Geld, sondern ließ die beiden Parteien auch mit einem eher unbefriedigenden Ergebnis zurück.

Mehr Zuzahlung fürs Hörgerät

Der auf diese Weise verhandelte Vertrag soll vorerst für die nächsten zwei Jahre bestehen bleiben. Er läuft also bis 31. Dezember 2024. Für Hörakustikbetriebe selbst sind die neuen Bedingungen zwar mit etwas Mehraufwand verbunden, allerdings nicht unbedingt von Nachteil. Und: Hörakustiker bekommen nun etwas mehr Geld pro Ohr für die Versorgung, auch für Otoplastiken. Wie hoch diese Leistungen sind, kann im Referenzvertrag nachgelesen werden.

Klare Spielregeln für Folgeversorgungen

Ein großes, schwelendes Thema ist die Folgeversorgung nach sechs Jahren. Hier machten in letzter Zeit vor allem die beiden Ersatzkassen DAK und KKH von sich Reden, weil sie die erneute Versorgung zunehmend verwehrten. Der neue Vertrag schafft hier nun Klarheit. Eine Neuversorgung nach sechs Jahren ist jetzt an bestimmte Bedingungen geknüpft: Beispielsweise muss man nun nachweisen, dass die Verstärkungsleistung nicht mehr ausreichend ist und der Versicherte mit den neuen Hörsystemen besser hört als mit den alten.

Grundsätzlich gilt nach laut Sozialgesetzbuch (& 33 Absatz 1 S. 1 und 5 SGB V), dass jedem Versicherten eine Versorgung mit Hörgeräten zusteht, wenn dadurch eine drohende Behinderung zu vermeiden ist. Dazu gehört neben Instandsetzungen, Wartungen und technischen Kontrollen auch die Ersatz-Beschaffung.

… und wenn die Folgeversorgung nicht erfolgt?

Für den Fall, dass die Folgeversorgung im sechsten Jahr und folgend nicht stattgefunden hat, wurde eine besondere Regelung festgelegt. Der Hörakustiker erhält nun eine zusätzliche Reparaturpauschale: 130 € im siebten, 140 € im achten, 150 € im neunten und 150 € für das zehnte und jedes weitere Jahr – pro Hörgerät.

Bis zum 30. April 2023 können Hörakustiker diese Zahlungen rückwirkend und anlasslos für 2022 abrechnen, d.h. ohne, dass der Kunde im Fachgeschäft war. Für das jeweils laufende Jahr bleibt ein Jahr Zeit, um die Pauschale einzufordern. Ein Beispiel: Ein Kunde trägt seine Hörgeräte aktuell im achten Jahr (Stichdatum 15.1.2023). Dann können Hörakustiker die Pauschale für das laufende Jahr 2023 (8. Jahr) und rückwirkend für 2022 (7. Jahr) einfordern.

Sollte der Kunde im Laufe des ersten Halbjahres die Krankenkasse wechseln oder versterben, muss die Hälfte der jeweiligen Jahrespauschale zurückgezahlt werden.

Weitere Neuerungen

Hörakustik-Fachbetrieben kommen einige weitere Neuerungen zugute. Um nur ein paar zu nennen: Anders als vom vdek gewünscht bleibt die Messtoleranz von 5 Prozent erhalten, Nullpreiswerbung bleibt weiterhin zulässig und wenn nach 6 Jahren nur ein Hörgerät verlorengeht, hat der Versicherte dennoch Anspruch auf zwei neue.

Wichtig ist auch, dass die Versorgungsanzeige durch den neuen Vertrag entfällt. Stattdessen reicht der Akustiker nun einen elektronischen Kostenvoranschlag als Vorabinformation bei der Krankenkasse ein. Dafür hat er 28 Tage ab Versorgungsbeginn Zeit. Als Versorgungsbeginn gilt nun der erste Besuch des Kunden im Fachgeschäft.

Details finden sich im Vertrag

Weder für die biha noch für den vdek sind diese finalen Bedingungen besonders zufriedenstellend. biha-Vizepräsident Eberhard Schmidt gab zu bedenken: „Eigentlich ist das kein verhandelter Vertrag, sondern ein im Rahmen des Schiedsverfahrens errungener Kompromiss-Vertrag.“ Nach Ablauf der zwei Jahre wird sich zeigen, welcher Weg eingeschlagen wird.

Zum Weiterlesen:

afh: Hörakustiker dürfen Cerumen entfernen

Hörakustik-Branchenbarometer 2023

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