Bundesrat beschließt Gesetz zur Stärkung der Heil-und Hilfsmittelversorgung

Bundesrat beschließt Gesetz zur Stärkung der Heil-und Hilfsmittelversorgung

Neues HHVG-Gesetz stärkt Hörgeräte-Handwerk

Der Bundestag hat zum 16.2.2017 ein Gesetz zur Stärkung der Heil-und Hilfsmittelversorgung (HHVG) verabschiedet. Dieses wurde am 10.3.2017 vom Bundesrat beschlossen und liegt nun zur Unterschrift dem Bundespräsidenten vor. Die biha hat über ein Jahr an der Gesetzesreform - der größten dieser Art für unsere Branche seit 15 Jahren – aktiv mitgewirkt. Wir informieren Sie darüber, welche Neuregelungen und Auswirkungen das neue Gesetz zur HHVG für Sie als Hörakustiker hat. 

Wichtigste Neuregelungen im Überblick:

Ausschreibungen:

Die Versorgung mit Hörsystemen dürfen von den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) künftig nicht mehr ausgeschrieben werden. Das Ziel der GKV in der Vergangenheit, die gesamten Hörsystemversorgungen zu Dumping-Preisen einzukaufen, ist damit unterbunden. "Individuelle dienstleistungsintensive Hilfsmittelversorgungen – wie etwa die Versorgung mit Hörsystemen – sind künftig ausdrücklich von der Ausschreibungspraxis der GKV ausgenommen." heißt es in einer Mitteilung der biha. Für die Hörakustik bedeutet dies, dass Hörgeräteversorgungen auf absehbare Zeit ohne einen preislichen Druck der GKV bedarfsorientiert und qualitativ hochwertig durchgeführt werden können.

Versicherteninformation:

Die Krankenkassen sind nun in der Pflicht, Ihre Versicherten über den Inhalt ihrer geltenden Hilfsmittelverträge aufzuklären. Da die meisten Verträge bereits im Internet auffindbar sind, sind viele Versicherte sowieso schon informiert. Eine entscheidende Neuregelung ist, dass nun die gesamte Beratungspflicht über den Sachleistungsanspruch und die Mehrkostenregelung per Gesetz allein in der Hand der Hörakustiker liegt - und damit nicht in die der Krankenkassen oder Ärzte. Da die Mehrkostenregelung bereits seit Jahren im Alltag durchgeführt wird, entsteht kein zusätzlicher Aufwand. Mit der GKV geklärt werden muss nun noch, wie die praktische Umsetzung hinsichtlich der Sachleistungserklärung aussieht. Die biha ist optimistisch, dass sich eine praktikable und schlanke Lösung finden wird.

Präqualifizierung:

Die Ernennung der Präqualifizierungsstellen wird zukünftig an eine unabhängige Einrichtung, der Deutschen Akkreditierungsstelle (DakkS), übergeben. Diese sorgt für eine gleichberechtigte und transparente Präqualifizierung von allen Betrieben. Auch die Zulassung von Hörakustikern und die Kontrolle der Präqualifizierungsstellen gehen in den Verantwortungsbereich der DakkS über. Dem GKV wird damit ein weiterer Einfluss auf die Hörgeräteversorgung entzogen. Jeder Betrieb muss sich zukünftig einer gleichberechtigten und transparenten Präqualifizierung unterziehen.

Vertragskontrolle:

Die GKVen werden gesetzlich dazu verpflichtet, die Einhaltung der Verträge besser zu kontrollieren. Mit Eintreten des Gesetzes ist der Hörakustiker auch verpflichtet die privaten Mehrkosten des Versicherten, die im Zusammenhang mit einer Leistung der GKV stehen, mit der elektronischen Abrechnung gemäß § 302 SGB V in nicht anonymisierter Weise an die GKV zu melden. Diese wiederum geben die Daten anonymisiert an den GKV-Spitzenverband weiter, der einmal im Jahr einen Bericht über die Mehrkostenentwicklung an den Deutschen Bundestag abzugeben hat (frühestens zum 30.06.2018). Der Versicherte wird laut Gesetz über die Weitergabe seiner Daten an die GKV nicht informiert und ihm wird somit das Widerspruchsrecht entzogen. Welche Daten der GKV-Spitzenverband durch die einzelnen GKVs über die Versicherten noch erheben kann, muss vom GKV-Spitzenverband noch festgelegt werden.

Unser Fazit zum neuen HHVG:

Der Einfluss der GKV auf die Hörgeräteversorgung wird per Gesetz in punkto Ausschreibungen entzogen. Das Ansehen in die Arbeit und Erfahrungswerte der Hörakustiker wird durch die Beratungshoheit aufgewertet. Eine unabhängige und transparente Präqualifizierung sorgt für eine Vergleichbarkeit aller Betriebe. Wo auf der einen Seite dem GKV etwas zugunsten des Hörakustik-Handwerks entzogen wird, wird ihm auf der anderen Seite fragliches zugemessen. Die Pflicht der Hörakustiker, persönliche Daten des Versicherten, wie die Höhe der Mehrkosten, an den GKV mitzuteilen, ohne dass der Versicherte davon erfährt, ist im Hinblick auf den Datenschutz des Versicherten unzumutbar. Bleibt abzuwarten, wie die GKVen die Daten zur Festsetzung der Festbeträge nutzen werden.