Der Cocktailparty-Effekt: Die besondere Herausforderung für Schwerhörige

Cocktailparty-Effekt - genaue Lokalisieriung für Schwerhörige besonders schwer

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Während das Verstehen in Zweierkonversationen noch nahezu unproblematisch ist, erhöhen sich die Schwierigkeiten beim Verstehen sofern mehrere Gesprächspersonen zusammenkommen. Hier werden oftmals nur Wortfetzen eingefangen, die für den Einzelnen als wichtig erachtet werden. Meist ist das der Fall, wenn der eigene Name oder eine interessante Neuigkeit irgendwo genannt wird. In der Fachsprache wird die gezielte Konzentration auf das zu Hörende als selektives Hören bezeichnet. Vermischen sich in einer großen Gesprächsrunde die Gespräche und die eigene Aufmerksamkeit neben der eigentlichen Zweierkonversation wandert zu den umliegenden Gesprächen, spricht man von einem sogenannten Cocktailparty-Effekt.

Forscher entdecken das Geheimnis des Cocktailparty-Effekts

Im Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der Technischen Universität Dortmund haben das Forscherteam um Dr. Stephan Getzmann die gezielte Sprachwahrnehmung und den Cocktailparty-Effekt untersucht. Dass die Hörfähigkeit im Alter etwas nachlässt, ist ein Fakt, der dabei nicht priorisiert wurde. Vielmehr wurde sich dem Rätsel gewidmet, warum einige 50jährige Schwierigkeiten beim Filtern von Geräuschen haben und andere 75jährige nicht. Um den Cocktailparty-Effekt nachzustellen, nahmen sich die Forscher einen schallisolierten Raum und stellten mehrere Lautsprecher darin auf. Dabei durchliefen die Probanden zwei Versuche. Im ersten Versuch wurden die Probanden nur aus einer Richtung beschallt. Im Zweiten wurden alle Lautsprecher aktiviert und die Probanden mussten den Sprecher jedes Mal auf Neue lokalisieren. Um die Messungen im Anschluss auswerten zu können, wurden während der Versuche die Hirnaktivitäten der Probanden mittels EEG (Elektroenzephalografie) gemessen.

Besser Hören & Verstehen durch gezielte Gehirnstimulation?

Bei den Auswertungen des ersten Versuchs, konnte kein wesentlicher Unterschied im Hören zwischen den jüngeren und den älteren Gruppenteilnehmern ab 55 Jahre festgestellt werden. Allerdings ging beim zweiten Versuch die Schere zwischen Jung und Alt auseinander. Hierbei zeigte die Auswertung der mittels EEG gemessenen Hirnaktivitäten, dass der an der Stirnseite des Gehirns befindliche Teil bei den älteren Teilnehmern mit Hörverlust weniger aktiv war. Dieser Abschnitt des Gehirns, der auch als präfrontaler Cortex bezeichnet wird, ist für den Empfang sensorischer Signale verantwortlich und verknüpft diese mit Gedächtnisinhalten und Emotionen. Die älteren Probanden mit altersbedingten Hörverlust, die im Test genauso gut wie die jüngeren abschnitten, glichen Ihre Schwierigkeiten im Hören vermutlich durch eine stärkere Anstrengung und Konzentration auf den Sprecher aus.

Die Erkenntnis: offenbar lässt sich das Sprachverstehen mit mehreren Personen durch gezielte, trainierbare Konzentration auf die Geräuschquelle verbessern.

Qualifizierte Hörakustiker in Ihrer Nähe

Einen sehr ähnlichen Ansatz verfolgt der Hörgeräte-Hersteller Oticon mit seiner kürzlich vorgestellten Technologie „Sound Navigator“ (Chip: Oticon Velox), die im aktuellen Hörgerät Oticon Opn zum Einsatz kommt. Auch hier kann der Hörgeräte-Träger selektiv selbst entscheiden, wohin und was er hören möchte. Während einer Velox-Studie kam Oticon zu dem Ergebnis, dass die Träger der Sound Navigator-Technologie ein um ca. 20% leichteres Hören gegenüber seinen Vorgängerprodukten empfanden. Gleichzeitig konnte festgestellt werden, dass sich diese 20% in einem erhöhten Erinnerungsvermögen an Gesprächsinhalten wiederspiegelten.

Inwieweit sich das Hören durch eine stärkere Gehirnstimulation trainieren lässt, wird in einer Folgestudie des Leibniz-Institutes untersucht.

 

Über das Leibnitz-Institut:
Mit mehr als 200 Mitarbeitern erforscht das Leibniz-Institut für Arbeitsforschung (IfADo) an der TU Dortmund die Möglichkeiten und Risiken der heutigen Arbeit unter lebens- und verhaltenswissenschaftlichen Gesichtspunkten. Von den Ergebnissen werden dann entsprechende Maßnahmen entwickelt, welche die entsprechende Arbeit leistungs- und gesundheitsförderlicher gestalten lässt.

 

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