Die Hörgeräte-Trends beim EUHA-Kongress 2022

Die Hörgeräte-Trends beim EUHA-Kongress 2022

Die Industrieausstellung während des Internationalen Hörakustiker-Kongresses EUHA bildet jährlich einen hervorragenden Status Quo der Hörgerätebranche ab. Was hat sich im vergangenen Jahr getan? Welche Trends lassen sich erkennen? War 2021 noch von Li-Ionen-Akkus und künstlicher Intelligenz geprägt, scheinen sich im Jahr 2022 neue Möglichkeiten aufzutun: Wiederaufladbare Akkus sind vermehrt in Im-Ohr-Hörgeräten wiederzufinden – aber auch im klassischen Im-Ohr-Segment macht sich aktuell ein Aufflammen bemerkbar. Und mit der fortschreitenden Digitalisierung werden auch Appangebote vielfältiger: Stichwort Personalisierung und Individualisierung.


Im-Ohr-Hörsysteme wohin das Auge schaut

Zehn neue Im-Ohr-Modelle wurden vorgestellt: Entweder sehr diskret oder etwas größer mit Bluetooth und Akku

Starkey, ReSound, Oticon, Philips, Audio Service, Bernafon, Unitron – was haben diese Hersteller gemeinsam? Sie alle haben beim diesjährigen, 66. EUHA-Kongress neue Im-Ohr-Hörsysteme im Sortiment. Es ist lange her, dass der Fokus so auf IdO liegt.

In den letzten Jahren wurden neue Technologieplattformen immer als erstes mit RIC-Hörsystemen präsentiert. Wieso, liegt auf der Hand: RICs sind unauffällig und haben zudem genug Platz für Technik. Der Wunsch nach einem unsichtbaren Im-Ohr-Hörsystem wird zwar seit jeher insbesondere von Hörgeräte-Einsteigern oft geäußert – letztendlich wird es aber auch im Fachgeschäft meistens das RIC-Gerät, alleine aufgrund des höheren Technologie- und Funktionsumfangs. RIC regiert – aber wie lange noch?

Der Fokus scheint sich nämlich allmählich zu verlagern. IdO, eine Bauform, die einen bisher immer vor die Wahl zwischen Funktion und Diskretion stellte, wird konkurrenzfähig. Und das, obwohl wir uns noch Anfang 2021 ernsthaft Sorgen um ihren Weiterbestand machten.

IdOs – warum jetzt?

Corona beziehungsweise das Auf- und Absetzen der Masken sorgte für eine erhöhte IdO-Nachfrage – eine Entwicklung, auf die Hersteller nun möglicherweise reagieren. Noch größeren Einfluss könnte aber ein Alltagstrend haben: Bluetooth Earbuds. Man ist es mittlerweile gewöhnt, dass Menschen etwas im Ohr haben. Im Marketingjargon ist dieser Vergleich längst angekommen – besonders, wenn Hersteller Im-Ohr-Lösungen mit wiederaufladbaren Akkus präsentieren. Aber auch Hersteller wie Oticon, Philips, Bernafon und Unitron, die mit ihren neuen Batterie-IdOs den bewährten Weg gehen, profitieren von diesem Trend.

Im-Ohr-Hörsysteme mit Bluetooth und Akku: Ein starkes Team

Apropos wiederaufladbare Akkus: Hier hat sich im IdO-Segment enorm viel getan. Audio Service hat mit seinem Atelier Li 7 nun ein schlichtes, wiederaufladbares Im-Ohr-Hörsystem im Sortiment, das dank seiner Bluetooth-Konnektivität tatsächlich wie Earbuds verwendet werden kann. Musikhören, freihändiges Telefonieren, über Nacht laden, alles kein Problem – ein Wermutstropfen ist nur, dass der Charger nicht mobil ist, sondern fest an einer Steckdose platziert werden muss.

Hier hat das neue Custom made by ReSound – ebenfalls ein Im-Ohr-Hörsystem mit wiederaufladbarem Akku und Bluetooth-Konnektivität – im direkten Vergleich die Nase vorn. Denn die hierfür konzipierte portable Ladeschale ermöglicht ein paar Ladungen, bevor sie an den Strom angeschlossen werden muss.

Starkeys kleines CIC Im-Ohr-Modell mit Bluetooth und starker 312er Batterie. Pragmatisch genial: Die Bluetooth-Antenne ist im Rückholfaden - daher sind die Geräte deutlich weniger sichtbar.

Ein Vorteil des Audio Service Atelier-Hörsystems wiederum: Es ist mit dem sogenannten tune-Konzept anpassbar, wodurch in nur einem Gerät alle Technologielevel verfügbar sind. Besonders bei der maßgefertigten Anpassung von Im-Ohr-Hörsystemen erleichtert das die Anpassung enorm.

IdOs mit Akkus und vollem Funktionsumfang, die den RIC-Hörsystemen in nichts mehr nachstehen – es liegt auf der Hand, dass der Marktanteil steigt, insbesondere, wenn man sich den Wunsch nach einem Im-Ohr-Hörsystem vieler Hörgeräte-Einsteiger vor Augen hält – zumal der Akku-Pionier Starkey dieses Jahr auch noch einen Hybriden auf den Markt brachte:

Das erste CIC – Complete-in-Canal, also kaum sichtbar – mit Bluetooth-Konnektivität. Zwar besitzt es keinen wiederaufladbaren Akku, dennoch schafft dieses Hörsystem, was zuvor nicht für möglich gehalten wurde: Es vereint völlige Diskretion mit Bluetooth-Technologie. Das meisterte der Hersteller, indem er die Bluetooth-Antenne in den Rückholfaden verlegte. Bei anderen Modellen ist die Antenne im Gehäuse verbaut, wodurch sie deutlich größer als ein kleines CIC sind.

Personalisierung und Individualisierung

Ob eigene Hörsituationen einstellen oder auf Hörbedürfnisse einstellen oder Aktivitäten tracken - die Bedienapps zahlreicher Hersteller beinhalten immer mehr Personalisierungsoptionen

Die Evolution der Im-Ohr-Hörgeräte ist jedoch nicht der einzige Trend, der sich beim diesjährigen EUHA-Kongress feststellen lässt.

Alles wird individueller – und das über die Anpassung ans Gehör hinaus. Stichwort Personalisierung: Viele Hersteller haben in diesem Jahr an ihren Apps gefeilt, um Nutzern noch mehr bieten zu können.

Phonak beispielsweise hat vor ein paar Monaten seine MyPhonak App überarbeitet und bietet seinen Nutzern Möglichkeiten zur Erfassung von Gesundheitsdaten: Ein Schrittzähler, der Aktivitätslevel oder Herzfrequenzmessungen helfen dem Träger, persönliche Ziele zu erreichen, die er sich für einen gesunden Alltag selbst setzt.

Ähnliches hat Signia in seine App integriert. Der Bereich „Mein Wohlbefinden“ zeigt auf, wie aktiv der Träger ist. Dazu lassen sich persönliche Ziele einstellen, beispielsweise die am Tag zurückgelegte Distanz inklusive Trainingsintensität, die Anzahl der täglichen Schritte, wie viel Konversation geführt wurde oder wie lang die Hörgeräte getragen wurden.

Pionier war hier übrigens abermals der Hersteller Starkey, der mit seinem Thrive Score in der App ebenfalls Aktivitätstracking anbot - bereits 2019! Das Ziel ist klar: Der Nutzer soll sich mehr mit seinen Hörsystemen beschäftigen, damit sie sich voll ins Leben integrieren und so ein Teil von einem werden.

Man sieht: Bei Hörgeräten wird der Lifestyle immer wichtiger. Ein reines Medizinprodukt sind sie schon lange nicht mehr. Was kommt nun? Höchst spannend werden die Entwicklungen im US-amerikanischen Markt bezüglich der OTC-Hörgeräte. Die GN-Tochter Jabra ist mit seinem OTC-Hörgerät Enhance Plus bereits dieses Jahr erstmals beim EUHA-Kongress vertreten. Die Kooperationen WSA und Sony oder Phonak und Sennheiser lassen ebenfalls großes vermuten. Und auch bei den Im-Ohr-Hörsystemen sind wir gespannt, was uns im kommenden Jahr noch erwartet.

Zum Weiterlesen:

Das sind die Hörgeräte Neuheiten 2022/ 2023




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