Fernanpassung während eines Konzertes in der Elbphilharmonie

Fernanpassung während eines Konzertes in der Elbphilharmonie

Hörgeräte-Optimierungen via Fernanpassung: schnell und direkt 

In der aktuellen Ausgabe H 13/17 des Brancheninformationsbriefes der marktintern wird das Thema der TeleAudiologie noch einmal aufgegriffen. Anlass dafür ist die Versteigerung von Konzertkarten für die Elbphilarmonie mit begleitender Anpassung durch audibene. Ist TeleCare also doch nicht nur vom Hörakustiker vor Ort durchführbar? Wir finden das Recherche-Ergebnis der marktintern sehr interessant und möchten Ihnen den Gastartikel daher nicht vorenthalten.

Nachfolgend der vollständige Artikel von marktintern:

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Wolf lüftet Schafspelz -audibene versteigert Karten für Elbphilarmonie inkl. Fernanpassung

„Ein Konzert, noch dazu in der Elbphilharmonie, möchte man mit allen Sinnen genießen. Der außergewöhnliche Klang in diesem Konzerthaus ist legendär. Für Hörgeräte-Träger ist es eine

Herausforderung, überhaupt in ein Konzert zu gehen, geschweige denn sich den besonderen Klängen und Geräuschen in der Elbphilharmonie zu stellen. Das Unternehmen audibene GmbH möchte Ihnen als Träger eines Hörgerätes von Sivantos oder ReSound helfen, ein Konzert in der Elbphilharmonie ungemindert zu erleben. Im Rahmen der eBay-Charity-Auktion zugunsten von 'Ein Herz für Kinder' haben wir deshalb nun ein ganz besonderes Angebot für Sie. Ersteigern Sie zwei Tickets für das bereits ausverkaufte Konzert des HR-Sinfonieorchesters unter Hugh Wolff am 9. Juli um 20 Uhr im großen Saal der Elbphilharmonie. Dazu gibt's eine kostenlose Hörgeräteanpassung während des Konzerts per audibene-App. audibene hat eine App entwickelt, die Ihnen kostenlos überlassen wird. Mit deren Hilfe sind Sie während des Konzerts mit einem Hörgeräteakustiker von audibene verbunden. Sie schicken ihm eine SMS und er optimiert völlig diskret während des Konzerts Ihr Hörerlebnis per App. Sie haben sozusagen Ihren Hörgeräteakustiker in der Tasche“, ist seit dem 21. Juni 2017, 20:39 Uhr, auf www.bild.de zu lesen.

Martin Blecker, EUHA-Präsident

Nach neun Bietern stand die Auktion bei unserer letzten Sichtung am 30. Juni 2017 bei einem Höchstgebot von 46,48 € zugunsten hilfsbedürftiger Kinder. Seitdem Sivantos/Erlangen mit TeleCare auf dem EUHAKongress 2016 das Feld der Fernanpassung besetzte (H 22/16), waberten unterschiedliche Zukunftsszenarien durch die Branche. Bereits in Hannover wog EUHA­-Präsident Martin Blecker im Gespräch mit 'mi' ab: „Dann gibt es aber auch den, der eigentlich gar keine Zeit hat, zu uns zu kommen. Wenn wir dem sagen, um dein Gerät anzupassen, brauchen wir acht Sitzungen, sagt der, dann fange ich erst gar nicht an. Aber den können wir vielleicht damit abfangen, dass wir einen bestimmten Termin haben, zu dem er nicht eine Stunde anfahren muss, sondern nur einen Aufbau von Technik in drei/vier Minuten hat, und dann können wir darüber sprechen, ob es Probleme gibt und wo. Es kann also etwas Positives sein. Es kann aber auch etwas Negatives sein, dass der Inder, der 2,50 € die Stunde verdient, das von Indien aus macht per Fernanpassung.”

Dieses zweite Szenario setzte sich offenbar in den Magengruben vieler Hörakustiker fest und sorgt seither für Unbehagen. Nach dem EUHA-Kongress Mitte Oktober 2016 war 'mi' dreimal auf Veranstaltungen von bzw. mit Sivantos und jedes MalZeuge von kritischen Fragen zu TeleCare: Am Donnerstag nach dem Kongress auf dem Roadshowtermin im Kölner Cinenova, im März 2017 auf der EUHALandestagung West (H 06/17) und schließlich Anfang Mai 2017 auf der Vormittagsveranstaltung der Sivantos­Roadshow im Düsseldorfer Hotel Nikko (H 09/17). Der Grund für das Unwohlsein war schnell gefunden: Die Kooperation der Erlanger mit audibene/Berlin (H 04/15). Brauchte der Onliner bislang noch den stationären Mittelsmann, um den Kunden zu versorgen und das Hörgerät anzupassen, droht nun der Kundenservice durch einen der 600 audibene­Mitarbeiter aus 25 Ländern an den 3.000 PartnerAkustikern in zehn Ländern (davon 700 in Deutschland) vorbei. Was bislang nur ein Zukunftsszenario war, wird nun in der Lesart vieler Beobachter zur bitteren Gegenwart.

Dr. Marco Vietor, Geschäftsführer audibene

In der offziellen Stellungnahme von audibene-Geschäftsführer Dr. Marco Vietor gegenüber 'mi' liest sich das indes so:

„Wir gehen davon aus, dass hier ein Erstversorger den Zuschlag erhalten wird, der noch keine Hörgeräte besitzt. In diesem Fall erfolgt die Erstanpassung ebenso wie die Feinjustierung durch den audibene-Partnerakustiker vor Ort. Handelt es sich um einen Hörgeräteträger, der die Karten ersteigert, der bereits von einem audibene Partnerakustiker betreut wird, erfolgt die Feinjustierung ebenfalls durch den Partner-Akustiker. Ist der Hörgeräteträger Kunde eines Akustikers außerhalb des audibene-Partnernetzes, werden wir umgehend mit diesem Kontakt aufnehmen, um die Details zu besprechen. Innerhalb unserer Partner-Gemeinschaft stoßen wir kaum auf Vorbehalte zur Nutzung von Apps im Anpassprozess. Im Gegenteil, viele unserer Partner machen sich intensive Gedanken, wie sie Apps bestmöglich in Prozesse integrieren, um ein noch besseres Hörerlebnis für ihre Kunden zu schaffen. Sie sehen die neue Technologie als eine gute Möglichkeit zur Stärkung der Kundenbindung, indem sie die Kommunikation während des Anpassprozesses intensivieren und gleichzeitig verbessern können. Auch alle Hersteller beschäftigten sich ja mit diesem Thema. Die Fernjustierung ist ein innovatives Zusatzangebot, um dem Hörgeräteträger noch individueller, schneller und präziser zu gutem Hören in seinem persönlichen Alltag zu verhelfen. Die Kompetenz und Erfahrung des Hörakustikers vor Ort sind auch hier die entscheidenden Erfolgsfaktoren. Mit vielen von ihnen arbeiten wir schon seit mehr als fünf Jahren sehr partnerschaftlich zusammen. Diese vertrauensvolle Zusammenarbeit wollen wir exakt so fortsetzen. Unsere Aktion für 'Ein Herz für Kinder' ist defnitiv nicht dazu gedacht, Hörgeräte zukünftig an unseren Partnern vorbei fernanzupassen. Sie will stattdessen auf die Vorzüge moderner Hörsysteme hinweisen, die vielen Menschen mit Hörminderung helfen können, ihren Alltag entspannter zu erleben und das Hören – auch von Musik – wieder zu genießen.“

Unabhängig von audibene fragte 'mi' auch bei Sivantos nach deren zukünftigen Umgang mit der Fernanpassung. Nach Ansicht der Erlanger sind die Fragen vollständig beantwortet und bedürfen deshalb keiner Ergänzung. 

Joachim Gast, Geschäftsführer ReSound

Joachim Gast, Geschäftsführer ReSound Deutschland, stellt auf 'mi'-Nachfrage klar: „Die Aktion von audibene ist keineswegs mit GN abgestimmt. Es wird der Eindruck erweckt, dass App-basierte 'Aktivitäten' eine adäquate HörgeräteAnpassung ersetzen könnten. Dies widerspricht dem GNAnsatz. Die Ausrichtung von GN ist klar. Die Anpassung unserer GN-Hörgeräte ist Aufgabe unserer Kunden, also von Akustikerinnen und Akustikern. Auch in Zukunft. Wir von GN haben die Aufgabe, Akustiker mit innovativer Technik zu versorgen, mit denen Akustiker ihr Geschäftsmodell verteidigen können, u. a. gegen branchenfremde Investoren, bzw. sogar ausweiten können. Das neue ReSound LiNX 3D ist ein sehr gutes Beispiel. Zusätzlich zu den wichtigen Anpass-Sitzungen in ihren Fachgeschäften können unsere Kunden mit dem ReSound LiNX 3D optional die Technologie 'Online Service' nutzen, um die HörgeräteEinstellungen zu optimieren, während sich ihr Kunde nicht im Fachgeschäft befndet, sondern beispielsweise am Arbeitsplatz, oder gerade seinem Hobby nachgeht. ReSound liefert die Technik für ein top-modernes Gesundheitshandwerk, das aber nur dann funktioniert, wenn es von Akustikerinnen und Akustikern meisterlich ausgeführt wird. Im Fachgeschäft und online. Das ist der GN-Weg.“

marktintern - Fazit 

  • Die Tele­Audiologie ist ein ebenso faszinierendes wie verführerisches Gebiet
  • Mit der Verlosungsaktion hat audibene seine Charakterstärke in Frage gestellt
  • Im Anpreisungstext der Versteigerung ist von der Verbindung „mit einem Hörgeräteakustiker von audibene“ die Rede
  • Das ist entweder höchst missverständlich formuliert oder ein Freudscher Versprecher (aus Versehen die Wahrheit gesagt) 
  • Die nachfolgende Entwarnung erfolgt im letzteren Fall mit viel Kreide im Mund
  • Sivantos belässt es dabei, audibene für beide Partner sprechen zu lassen
  • ReSound distanziert sich indes deutlich von der Option eigener Anpassungs-Ambitionen

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Weitere Informationen zum Thema TeleCare finden Sie im Artikel Signia TeleCare