Forscher entwickeln Insektenohr für Schwerhörige

Zweige knacken. Blätter rascheln. Eine Maus huscht durch das Gras. Die Vögel sitzen zwitschernd auf dem Baum. In der Natur ist ganz schön was los. Dementsprechend laut kann es werden und trotzdem hört die Fliege Ormia ochracea ganz genau, woher das Zirpen einer Grille kommt. Entschlossen steuert sie ihr Ziel an und legt in dem Insekt ihre Larven ab. Verblüffend, nicht wahr?

Aber wie kann die Fliege Ormia ochracea so gut hören? Diese Frage hat auch die Forscher der University of Texas interessiert und sie haben die Antwort gefunden. In ihrem Kopf steckt eine biegsame Wippe. Trifft eine Schallwelle auf die Wippe, verformt sich die Wippe und kippt auf die Seite. Auf diese Weise kann die Fliege erkennen, dass es sich um das Zirpen einer Grille handelt und woher es kommt.

Wie sieht die Zukunft der Hörgeräte aus?

Die außergewöhnlich gute Hör-Fähigkeit der Fliege Ormia ochracea sollen schwerhörige Menschen künftig auch besitzen, dachten sich die texanischen Wissenschaftler und begannen sofort neuartige Hörgeräte zu entwickeln. Hierbei soll eine Wippe im Ohr helfen, dass Menschen mit Hörminderung entscheidende Geräusche wie zum Beispiel eine Stimme aus der umgebenden Geräuschkulisse herausfiltern können.

Wie funktioniert diese Wippe genau? Die texanischen Forscher haben die Wippe aus Silizium nachgebaut. Wenn sie verbogen wird, wird das zusätzlich eingesetzte piezoelektrische Material gequetscht. Dieses kann die Verformung in elektrische, messbare Signale umsetzen. Daraus kann das Gehirn schließlich ermitteln, woher ein Geräusch kommt. In etwa zwei Jahren soll ein Prototyp verfügbar sein. Das Wichtigste dabei für schwerhörige Menschen: Das neue Hörgerät wird so klein sein, dass man es ganz im Ohr verstecken kann.

Aber nicht dass Sie nun denken, die Forschung hinkt hinterher und es gibt derzeit keine technisch einwandfreien Geräte. Im Gegenteil. Schon jetzt gibt es für Hörgeräte-Träger eine dezente und wirksame Möglichkeit, um Stimmen zu fokussieren – zum Beispiel mithilfe des Phonaks Roger Pens. Hierbei handelt es sich um einen Stift, der mit dem Hörgerät verbunden wird und auf die Entfernung von bis zu 20 Metern wie ein Richtmikrofon genutzt wird. Alternativ kann der Stift dem Gesprächspartner zum Beispiel in die Hemdtasche gesteckt werden. So können Sie eine störungsfreie Konversation genießen. Die Entwicklung des „Insektenohr-Hörgeräts“ in Texas muss also vielmehr als eine rasante technische Weiterentwicklung verstanden werden, denn Wissenschaftler möchten das hohe technische Niveau im Hörgeräte-Bereich weiter aufrechterhalten. Damit dieses Ziel erreicht wird, tragen auch die Wissenschaftler der University of California ihren Teil dazu bei.

Das kalifornische Forscher-Team hat dazu das Gehirn von Singvögeln genauer untersucht. Diese können nämlich das Gezwitscher eines möglichen Paarungspartners aus dem Geträller hunderter fremder Vögel identifizieren. Wussten Sie, dass auch wir diese Fähigkeit in einem anderen Zusammenhang besitzen? Bekannt unter dem Stichwort „Cocktailparty-Effekt“. Das heißt, wir können auf einer Party trotz lauter Musik und sonstigen Nebengeräuschen einer bestimmten Person zuhören. Warum beschäftigen sich die Wissenschaftler dann mit Singvögeln und nicht mit uns Menschen? Die Antwort ist einleuchtend: Die Gehirnleistung bei Singvögeln lässt sich einfacher untersuchen als bei Menschen.

Wie geht das Team der University of California nun genau vor? Das Team hat die Nervenzellen, die selektives Hören ermöglichen, entdeckt und arbeitet daran, die Gehirnleistung der Vögel in Algorithmen zu überführen. Diese sollen dann als Software in Hörgeräten installiert werden. Die Software bringt akustische Signale unverzerrt zum Ohr, ohne die Umgebungsgeräusch vollständig zu unterdrücken. So erleben Hörgeräte-Träger einen störungsfreien und natürlichen Klang. Solch eine komplexe Technik kann nur mit entsprechend hoher Rechenkraft arbeiten, doch das hat keine Auswirkung auf die Größe des Hörgeräts. So wird das Modell Nanoplug, das demnächst im Handel erhältlich sein wird, nur sieben Millimeter groß sein und im Ohr komplett verschwinden.

Weitere technische Highlights auf dem Hörgeräte-Markt

Das winzige Lyric-Hörgerät von Phonak – beworben als „Kontaktlinse für das Ohr“ - wird nur wenige Millimeter vor dem Trommelfell platziert und ist insbesondere für Menschen mit leichter bis mittelschwerer Schwerhörigkeit geeignet. Seine durchschnittliche Batterielaufzeit beträgt drei Monate. Wenn die Batterie leer gelaufen ist, wird das Hörgerät entfernt und durch ein neues ersetzt. Dieses Hörgerät ist ideal beim Sport, Duschen und Schlafen.

Im März hat Phonak außerdem sein System EasyCall II auf den Markt gebracht. Hierbei handelt es sich um einen Aufsatz für das Smartphone, der Hörgerät und Mobiltelefon miteinander verbindet. Nimmt der Hörgeräte-Träger einen Anruf an, kommt das Gespräch direkt in seiner Hörhilfe an. Sogar die auf dem Smartphone gespeicherte Musik lässt sich übertragen.

ReSound Linx Usability Award IFA 2014GN ReSound Linx haben Sie die Möglichkeit, auf dem iPhone spezielle Profile für bestimme Hörsituationen anzulegen- z.B. Konferenz, Restaurantbesuch, Telefonat etc. Über das GPS-Modul im Smartphone erkennt die dazugehörige App sogar, ob Sie einen Ort schon einmal besucht haben und stellt das Hörgerät automatisch auf die Hörsituation ein.

Hier finden Sie weitere Hörgeräte-Produktneuheiten.

Hörgeräte – eine der wichtigsten Erfindungen 

Der Artikel beweist, dass sich die Forschung im Hörgeräte-Bereich rasant weiterentwickelt und auf einem hohen Niveau befindet. Das ist auch gut so, denn laut einer französischen Studie sehen 20% aller Europäer Hörgeräte als eine der wichtigsten Erfindungen an. Mit diesem Wert belegen Hörgeräte Platz 5. Mit 70% führen die medizinischen Möglichkeiten im Bereich der Organtransplantation das Ranking an. Mit 65% folgt die Erfindung der Röntgenstrahlen auf Platz 2. Die Gentherapie liegt mit 51% auf Platz 3. Hörgeräte werden damit noch wichtiger als künstliche Befruchtung, Antidepressiva und den medizinischen Möglichkeiten des Klonens bewertet. Lesen Sie hierzu ausführlicher unseren Artikel „Hörgeräte gehören zu den wichtigsten Erfindungen“.

 

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