Halbjahresergebnis 2017: Sonova unter Druck und die Zukunft ist „e“

Halbjahresergebnis 2017: Sonova unter Druck und die Zukunft ist „e“

Sonova sorgte im Herbst gleich für mehrere Paukenschläge. Einen Tag vor dem EUHA Kongress fand in Stäfa der Analystentag statt. Hier ging es vor allem um die Zukunft, auch mit dem im August vorgestellten neuen Chip SWORD. Das gab der Aktie Schwung bis deutlich über die 150 €-Marke. Keine vier Wochen später legte Sonova mit der Präsentation der mit Spannung erwarteten Halbjahresergebnisse nach. Dabei steht eher das Eingemachte im Mittelpunkt, das „hier und jetzt“. Die bis dahin hoch dotierte Aktie verlor im Vorfeld kräftig und wird heute mit 134 € gehandelt. Also schauen wir doch mal genauer hin.

Phonaks neuer SWORD-Chip


Im März 2018 scheidet der langjährige Sonova-CEO Lukas Braunschweiler aus dem Amt. Sein Ziel ist ein Mandat im Verwaltungsrat. @cash.ch

"Damit wird Sonova zum ersten und einzigen großen Anbieter von Hörgeräten, der das enorme Potenzial universeller direkter Konnektivität ausschöpft" hatte Lukas Braunschweiler, Sonovas scheidender CEO, den Chip bereits im August beschrieben. Zu Recht, denn dieser Chip ist MFA, also Made of All. Damit schließt Phonak eine bekanntermaßen nicht unerhebliche Lücke. Während iOS-Geräte 13 Prozent des weltweiten Smartphoneabsatzes ausmachen, dominiert das Betriebssystem Android mit einem Käuferanteil von 86 Prozent. Das neue Audéo B-Direct hat also aus Verbrauchersicht und global betrachtet großes Potenzial. Die Produkte der Phonak Belong-Plattform kommen insgesamt gut auf den Märkten an, inklusive dem Titan-CIC Virto. Produktseitig sind die Hausaufgaben gemacht.

Blick in die Zukunft - „e“ oder „Sonova 4.0“

So ein Analystentag hat ja auch immer etwas spannendes. Visionen, Konzepte und Ideen werden präsentiert. Alles dreht sich um „Wie will ein Unternehmen wachsen“. Sonova sieht sein größtes Potenzial mit bis zu 8% Wachstumsambitionen im Retail. Anfang des Jahres sagte Lukas Braunschweiler: „Unser wichtigster Retailmarkt heute ist Deutschland. Im Retailgeschäft werden wir wie gewohnt zwischen 50 bis 70 Millionen Franken pro Jahr für Akquisitionen ausgeben.“ Doch wer denkt, dass Sonova nur mit Aufkäufen wachsen möchte, hat weit gefehlt.


Der Endkunde rückt mit eSolutions weiter in den Fokus.

Weitaus spannender gestaltet sich die Vision darum, welche Services man künftig Endkunden und Hörakustik-Fachbetrieben anbieten möchte. Während ReSound und Signia mit Teleaudiologie gestartet sind, dreht sich bei Sonova ein ganzer Geschäftsbereich um „eSolutions“. Und er wird sicher noch für spannende Innovationen sorgen. Das verspricht zumindest Francois Julita. Er ist verantwortlich für die Digital Experience. Sonova möchte den Nutzen- und Wertschöpfungsprozess rund um das Digitale für sich erobern. Das ist zukunftsweisend: „It´s not a product, it´s not a service. It´s both“ hieß es. Für 2017 stehen eAssistance für den Hörakustker sowie eAdjust und eAssistance auf der Roadmap. Auch eine App, mit der der künftige Träger bereits vor dem eigentlichen Termin seine Herausforderungen und Erwarten beschreiben kann, ist Teil dieser Lösungskette. Für 2018 und 2019? Naja, ein bisschen Spannung soll ja noch bleiben. Da hörte die Folie dann auf.

Eine spannende Frage eines Analysten war, wie sich denn dieser Geschäftsbereich monetarisieren lassen könnte, sprich, wie Sonova damit Geld verdienen kann. Die Aussage: Das wisse man noch nicht. Diese Frage wurde nicht verneint. Immer diese Zwischenfragen und mehrdeutigen Antworten. Aber anzunehmen ist, dass da sicherlich noch einiges zu erwarten ist. Sonova befindet sich also in einer Transformation in Richtung 4.0 – vom reinen Hersteller zum vollends integrierten Anbieter von Hörlösungen. Die Weichen in Richtung Zukunft sind also gestellt. Auch hier: „Everything done, everything fine.“

Blick in Halbjahresergebnisse

Sonova konnte im 1. Halbjahr seines Fiskaljahres (April bis Oktober) einen Umsatz in Höhe von 1,25 Milliarden Schweizer Franken ausweisen. Das entspricht einem Umsatzwachstum von 16,9 % in Lokalwährungen. Um 16,9 % stieg auch das Betriebsergebnis auf 240,5 Millionen CHF. Das liegt aber vor allem an der Übernahme von AudioNova. Also auch hier alles gut? Das große Aber: rein organisch konnte Sonova seinen Umsatz aus eigener Kraft nur um 5 Prozent steigern. Und genau diese „nur“ 5% lassen Analysten mittweilen schonmal sehr nervös werden. Auch beim operativen Gewinn (EBITA) wurden die Analystenerwartungen ziemlich deutlich verfehlt. Sonova hängt offensichtlich hinter den eigenen Vorgaben für dieses Jahr zurück. Anvisiert war schließlich ein Plus von 10 bis 12 Prozent beim Umsatz, organisch versteht sich. Es sind ja noch sechs Monate Zeit. Diese Situation tat der Aktion also nicht gut.

Blick nach Deutschland

Und bei uns? Der Halbjahres-Bericht sagt, dass das Geschäft in Deutschland durch ein schwächeres Marktumfeld beeinträchtigt wurde. Die GfK Zahlen zeigen, dass der deutsche Markt in Stück stabil ist, der Umsatz allerdings weiter wächst. Ein Hinweis für steigende Durchschnittspreise. Das Marktumfeld sieht perse also gut aus. Der Markt wächst, wenn auch moderat. Doch alle Marken und Hersteller kämpfen erbittert um Marktanteile. Und tatsächlich gab es hier Bewegungen. Allerdings keine großen für die Sonova-Marken Phonak, Unitron und Hansaton.

Beim wenn auch im internationalen Vergleich geringen, deutschen Marktwachstum konnten die Sonova-Marken also nur bedingt mithalten. Mancher Insider hatte vermutet, dass Sonova in Deutschland deutlich verlieren wurde. Doch mitnichten. Viele Hörakustiker möchten und können allem Anschein nach auf die Technologien und Produkte nicht verzichten. Sonova ist breit aufgestellt und hat in Sachen Produktpolitik ja auch eine klare Aussage getroffen. Phonak, Unitron und Hanston bleiben für den Fachhandel. Die anderen Audionova-Marken, zum Beispiel Luna, sollen kurz- und mittelfristig über den eigenen Retail vertrieben werden.

Und damit geht´s nun auch schon los. Denn dass es bei Sonova digitaler wird, belegt seit einigen Wochen die Seite www.audium.de. Die Anmutung der Seite erinnert stark an bekannte Online-Konzepte. Wir sind gespannt, wie sich die neue, zukunftsweisenden Wege behaupten werden.