Innovative Projekte und Veranstaltungen zeigen: taub, aber mit einem Cochlea-Implantat trotzdem voll im Leben

Das Zitat „Ein gesunder Mensch hat tausend Wünsche, ein Kranker nur einen“ verrät viel über die Lebensqualität tauber Menschen. Eine unsichtbare Kommunikationsbarriere trennt hochgradig Hörgeschädigte vom gewöhnlichen Leben in der Gesellschaft. Für sie ist es nicht selbstverständlich, dass sie sich mit ihren besten Freunden über Freud und Leid verbal austauschen, einen Beruf ausüben, studieren oder Musikinstrumente spielen. Das Gehör ist für viele alltägliche Aktivitäten essentiell.

Lebensqualität dank Cochlea-Implantat

Der neunte deutsche CI-Tag am 24. Mai unter dem Motto „Selbstbewusst aus der Stille“ bietet deutschlandweit Veranstaltungen zur Begegnung hochgradig hörgeschädigter und gut hörender Menschen an.

Vor 30 Jahren wurde in Deutschland erstmals ein tauber Mensch mit einem Cochlea Implantat versorgt. Cochlea-Semper-Oper Heute leben mehr als 35.000 deutsche Kinder und Erwachsene mit solch einem Implantat. Dieses wird unter die Kopfhaut eingesetzt und reicht bis zum Innenohr. Es wandelt gesprochene Worte und akustische Signale in elektrische Impulse um. Durch diese wird der Hörnerv, der sich in der Hörschnecke befindet, stimuliert. Außerdem ist ein Soundprozessor mit Sendespule Bestandteil eines jeden Cochlea-Implantats. Dieser Prozessor wird wie ein Hörgerät hinter dem Ohr getragen.

Dass hörgeschädigte Menschen ein nahezu normales Leben führen können, beweist der Informatik-Student Simon Schäfer (21) aus Stuttgart. Er wurde mit an Taubheit grenzender Hörschädigung geboren und erhielt bereits im Alter von fünf Jahren sein erstes Cochlea-Implantat. 2012 nahm er sein Bachelorstudium für angewandte Informatik an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Stuttgart auf. Die zum Studium gehörende Ausbildung absolvierte er bei einem bekannten internationalen IT- und Beratungsunternehmen. Dieses Jahr wurde er an der HNO-Klinik des Universitätsklinikums der Frankfurter Goethe-Universität mit dem Cochlear-Graeme-Clark-Stipendium für seine hervorragenden Studienleistungen und sein ehrenamtliches Engagement geehrt. Er selbst ist sich sicher, dass er ohne sein Implantat ein komplett anderes Leben führen hätte müssen. „All die Freunde, die ich heute habe, hätte ich ohne das Cochlea-Implantat kaum kennen lernen können. Denn vor meiner Versorgung war es mir kaum möglich, Gespräche mit Menschen zu führen, die mir nicht vertraut waren. Das ging damals eigentlich nur innerhalb der Familie.“ Für seine Zukunft hat Simon Schäfer weitere große Pläne. Am liebsten würde er ein Masterstudium im Ausland beginnen und im Anschluss seine Informatikkenntnisse im Bereich der Cochlea-Implantat-Entwicklung einsetzen.

Ein weiteres beeindruckendes Beispiel für ein aktives Leben trotz Handicap ist das Tanzprojekt „Romeo und Julia“ der Dresdner Semperoper, das im April dieses Jahres stattfand. Mit diesem von der Firma Cochlear unterstützten Projekt ermöglichte die Semperoper hörgeschädigten Menschen den Zugang zur Musik. Sechs Tage lang trafen sich 12 hörgeschädigte und gut hörende Jugendliche unter fachkundiger Anleitung, um das Ballettstück „Romeo und Julia“ zu tanzen und zu schauspielern. Dabei gestalteten die Teilnehmer die drei zentralen Motive des Stücks (der Hass der verfeindeten Familien, die unerwünschte Liebe der beiden Helden, die Frage nach Schuld und Schicksal der Figuren) in eigenen Bildern. Seinen Abschluss fand das Tanzprojekt mit einer Aufführung in der Semperoper.

Die Projekte zeigen, dass es für viele taube Menschen einen Weg aus der Stille gibt.