Kann eine Schwerhörigkeit tatsächlich zu einer Demenz führen?

Kann eine Schwerhörigkeit tatsächlich zu einer Demenz führen?

Studie überprüft Zusammenhang zwischen Altersschwerhörigkeit und Demenz

Interessant zu wissen ist, dass eine beginnende Altersschwerhörigkeit, in Fachkreisen auch als Presbyakusis bezeichnet, in erster Linie nicht allein durch äußere laute Schallereignisse ausgelöst wird. Wie die Ärzte Zeitung online berichtet, wird vielmehr von einer zentralen Störung in der Verarbeitung akustischer Signale ausgegangen. Eine zentrale Störung in der Verarbeitung liegt auch bei einer Demenz-Erkrankung vor. Oft wird beides auch in direktem Zusammenhang gebracht. In wieweit eine Demenz tatsächlich auf eine Schwerhörigkeit zurückzuführen ist, untersuchte vor kurzem ein Forscherteam um David G. Loughrey vom Trinity College in Dublin.

Die Verbindung zwischen Schwerhörigkeit und Demenz

Fakten zur Altersschwerhörigkeit 

Ohne Hören keine Kommunikation. Etwa jeder Dritte über 65 Jahren leidet an altersbedingter Schwerhörigkeit.  
© Biha

Doch wie kommt die Annahme eigentlich zustande, dass eine Schwerhörigkeit eine Demenz begünstigen, wenn nicht sogar auslösen kann? Salopp gesagt, liegt die Begründung vermutlich darin, dass mit einer unversorgten Schwerhörigkeit das Verstehen schwieriger und über lange Sicht einfach verlernt wird. Gerade im Frühstadium einer Altersschwerhörigkeit unterstützen Kurzzeitgedächtnis und das fürs Faktenwissen verantwortliche, semantische Gedächtnis die Sprachwahrnehmung. Erhalten Sie keine Informationen mehr, beeinträchtigt  sich die Verarbeitung und damit das Erkennen von Wörtern und Geräuschen nachhaltig.

Die fürs Hören verantwortlichen Hirnbereichen bauen sich damit aufgrund der Nicht-Nutzung ab. Das Gemeine daran: Es ist ein schleichender Prozess. Damit ist nicht nur das häufige Nachfragen bei einer Schwerhörigkeit, sondern auch die langsamere Reaktion auf Gehörtes zu erklären. Abgesehen von den damit verbundenen Begleiterscheinungen. Doch dazu später mehr.

Fakten zur Alzheimer-Demenz 

Auch bei einer Demenz liegt eine Störung im Kurzzeitgedächtnis vor, die sich ebenfalls in einer Beeinträchtigung der verbalen Kommunikation äußert und kognitive Funktionen hemmt. Dies macht sich besonders deutlich, wenn alltägliche Geräusche, wie beispielsweise das Martinshorns bei Gefahr nicht mehr erkannt bzw. zugeordnet werden können und der kognitive Instinkt, hier: sich in Sicherheit zu bringen, ausbleibt. Eine weitere Parallele zur Altersschwerhörigkeit sind Beobachtungen aus Verhaltensstudien und bildgebender Hirnforschung, dass sich nicht mehr stimulierte Bereiche im Gehirn (fachspezifisch: die graue Substanz) zurückbilden.

Der Forschung liegen demnach zahlreiche Hinweise vor, dass eine Altersschwerhörigkeit unter anderem mit einer Alzheimer-Demenz verknüpft sei. Jedoch gab es in der Studie von David G. Loughrey wenig Datenmaterial für die Alzheimer-Demenz.

Studie wertet 36 Untersuchungen zu Altersschwerhörigkeit und Kognition aus

Grundlage der Studie waren die Ergebnisse von 36 Primär-Untersuchungen (JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2018; 144(2):115-126), die den Zusammenhang der Altersschwerhörigkeit in Verbindung mit der zentralen Verarbeitung im Gehirn untersuchten. Insgesamt lagen dem Forscherteam die Untersuchungsergebnisse von 20.264 beteiligten Menschen aus 12 Nationen vor.

Bei der Auswertung aller Untersuchungsergebnisse fanden die Forscher einen relativ gering ausgeprägten, aber dennoch signifikanten Zusammenhang zwischen einer Altersschwerhörigkeit und den damit verbundenen kognitiven Funktionen. Dabei zeigten die Ergebnisse, dass der Abbau der kognitiven Funktionen mit zunehmender Schwerhörigkeit einhergeht. Je steter ein Hörverlust also voranschreitet, umso schwieriger wird es die Umgebung global, räumlich und visuell wahrzunehmen und entsprechend zeitnah darauf zu reagieren. Der Zusammenhang zwischen einer altersbedingten Schwerhörigkeit und einer Alzheimer-Demenz konnte jedoch durch das vorliegende Zahlenmaterial nicht signifikant nachgewiesen werden.

Therapie mit Hörgeräten: Kognitive Funktionen sind trainierbar.

Bemerkenswert für die Forscher war die Beobachtung, dass der Einsatz von Hörgeräten sich positiv auf die kognitiven Funktionen auszuwirken scheint. Besonders das Kurzzeitgedächtnis, dass die Sprachwahrnehmung unterstützt, profitiere von einer besseren Aufnahmefähigkeit. Wer also geistig fit bleiben möchte, dem empfiehlt sich sein Gehör überprüfen zu lassen und für ein Gutes Hören sorgen.
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Anmerkung der Redaktion: Da in der Zusammenfassung der Daten aus Primäruntersuchungen ausschließlich Beobachtungsstudien eingeflossen sind, lässt sich damit ein Kausalzusammenhang zwischen Schwerhörigkeit und kognitivem Abbau nicht belegen.