Kommentar: EU Kommission genehmigt Fusion von Sivantos und Widex

Kommentar: EU Kommission genehmigt Fusion von Sivantos und Widex

Der 2018 angekündigte Merger soll bis Ende März 2019 abgeschlossen sein.

Aus den bisherigen „Big Six“ der weltweiten Hörgerätehersteller, werden nun also entgültig die „Big Five“. Wir erlauben uns nochmal einen groben Blick auf die 2017er Zahlen: Sonova (in Deutschland bekannt durch die Marken Phonak und Unitron) verzeichnet circa 2 Mrd. Euro, William Demant (Oticon, Bernfon) 1,77 Mrd. Euro, Starkey circa 850 Mill. Euro und GN Hearing (GN ReSound und Interton) circa 750 Mill. Euro Umsatz.

Das neue Unternehmen aus Sivantos/ Widex erreicht einen Gesamtumsatz von über 1,7 Milliarden Euro, ist weltweit in 125 Märkten präsent und beschäftigt mehr als 10.000 Mitarbeiter.

Wohin geht die Reise – Innovation & mehr

Eine Herstellerseitige Konsolidierung ist schon etwas Besonderes. Meistens geht es bei solchen Zusammenschlüssen um Synergien. Es entsteht schlicht und ergreifend mehr Marktmarkt, beispielsweise im Einkauf, im Vertrieb oder gegenüber den Verbrauchern. In diesem Fall streben die beiden Unternehmen vor allem eines an: Innovation durch eine gemeinsame Forschung und Entwicklung.

Auf die Frage, was denn die beiden Unternehmen verbinde, antwortete Christian Honsig, Geschäftsführer der Sivantos GmbH, bereits in einem Interview mit uns im Mai 2018 zur Bekanntgabe des Vorhabens:

Wir orientieren uns zum Fachhandel, arbeiten an exzellenten Hörlösungen und treiben Digitalisierung in unserem Markt voran. Die Stärken zu bündeln, sehe ich als große Chance.

Christian Honsig

Zwei innovationsstarke Unternehmen: Die Marke Signia von Sivantos wartet mit Teleaudiologie auf. Das Widex Evoke ist selbstlernend. Zwei Technologien, die Personalisierung und den Hörerfolg nachhaltig verbessern können.

Der Hörgerätemarkt ist bekanntermaßen höchst Innovationsgetrieben. Wohl und vor allem auch vor dem Hintergrund, dass drei der „Big Five“ börsennotiert sind. Die Erwartungen der Anleger und Analysten und damit des Vorstandes haben so immensen Einfluss auf die Entwicklung.

Zudem treibt die im Allgemeinen Unterhaltungselektronik Innovationen voran. Ob Smartphones, Entertainment- und Kommunikationsdienste, sie ändern das Verhalten der Nutzer und damit auch die Erwartungen an ein Hörsystem.

Die Fusion wird also dazu beitragen, dass technologische Entwicklungen den Hörgerätemarkt noch mehr beflügeln als bisher schon. Denn die letzten Jahre waren von sehr kurzen Innovationszyklen geprägt.

Und das ist klar im Sinne der Verbraucher. Ein Beispiel: BluetoothTM. Vor 10 Jahren auf dem Markt eingeführt ist Bluetooth heute für Endkunden und Hörakustiker ein Standard in der Anbindung von Hörsystemen an Smartphones, Tablets, TV und vieles mehr.

Das Streamen von Telefongesprächen, Videos oder Musik war eine Funktion, die zur damaligen Einführung lediglich Trägern von Premium-Hörsystemen gegönnt war. Heute hält dieser Standard Einzug bei sogenannten Einstiegsgeräten, also solchen, die für gesetzlich Versichterte ledigliche eine Zuzahlung von ein bis zweihundert Euro bedeuten.

Apropos Digitalisierung und Entwicklung in „Digitale Services“

Der Hörgeräteträger (der Zukunft) und der Hörakustiker; sie beide nehmen künftig eine vollkommen neue Rolle bei der Hörsystemversorgung ein. Diesen Prozess haben die beiden Unternehmen bereits eingeläutet:

Das Widex Evoke ist das nach eigenen Angaben weltweit erste selbstlernende Hörgerät mit künstlicher Intelligenz. In Echtzeit werden Situationen und Indikationen verglichen und Einstellungen entsprechend den Hörprofilen und Präferenzen anderer Nutzer angepasst. Der Hörgeräteträger kann situativ zwischen verschiedenen Vorschlägen wählen, bis er mit der Einstellung zufrieden ist.

Sivantos, allen voran mit seiner Hauptmarke Signia, widerum gilt unbestritten als Vorreiter in Sachen Teleaudiologie. Das Appgesteuerte „Telecare“ bietet Zugriff des Hörakustikers auf die Hörsysteme des Nutzers, ohne dass dieser im Fachgeschäft sein muss. Die Einstellungen können durch den Hörakustiker in Echtzeit empfohlen, an das Smartphone gesendet, und durch den Nutzer übernommen werden.

Beide Beispiele zeigen eindrucksvoll: Es entstehen neue, sehr attraktive Möglichkeiten für die alltägliche Nutzung und im Service von Hörgeräten.

Mehr als 100 Millionen Euro für Entwicklung

Die beiden Eigentümer von Widex: Jan Tøpholm und Anders Westermann.

© Widex

Nach der Fusion stehen dem Konzern nun weltweit 800 Entwickler zur Verfügung. Mir dem anvisierten 100 Millionen Euro jährlichen Entwicklungsbudget lassen sich folgerichtig mehr und neue Pozenziale erschließen, als wenn beide Unternehmen deren eigene Wege gehen würden.

„… Gemeinsam schaffen wir ein Unternehmen mit Forschungs- und Entwicklungsressourcen, die zu den stärksten im Markt zählen.“

Jan Tøpholm, Aufsichtsratsvorsitzender von Widex A/S

Abschließend – wie geht’s weiter

Dass dieser Zusammenschluss neben der erwähnten Synergie auch Auswirkungen auf andere zentrale Funktionen bieten könnte, scheint sich vorerst nicht abzuzeichnen. Beide Fusionspartner betonen sehr klar, deren Marken in bisheriger Konstellation weiter zu führen und anbieten zu wollen.