Profi-Karriere mit Schwerhörigkeit: Im Interview mit André Berger

Profi-Karriere mit Schwerhörigkeit: Im Interview mit André Berger

Eishockey-Profi André Berger: Deutsche Eishockey-Liga trotz Schwerhörigkeit

Eine Schwerhörigkeit kann schleichend, plötzlich und unerwartet oder auch schon von Geburt an vorhanden sein. Alle Situationen halten ihre oftmals schwierigen Herausforderungen im Alltag bereit. Und auch das Umfeld ist maßgeblich beteiligt, wie schnell und gut der persönliche Umgang mit einer Schwerhörigkeit gemeistert und dabei das Selbstvertrauen gestärkt werden kann.

Fakt ist, dass eine Schwerhörigkeit kein Hindernis darstellen sollte seine persönlichen Ziele zu erreichen oder Spaß am Leben zu haben. Auch wenn es dem ersten Anschein nach so aussieht, dass eine Hörminderung dem im Weg steht, gibt es genug Beispiele, die dies widerlegen. Wir haben André Berger besucht, der trotz seiner seit Kindheit an, bestehenden Schwerhörigkeit seinen Traum einer Profi-Eishockey-Karriere verfolgt und in der höchsten Spielklasse im deutschen Eishockey (DEL) auch erreicht hat. Im Interview erfahren wir, welchen Herausforderungen er sich dabei stellen musste und wie er diese gemeistert hat. 

Im Interview mit Eishockey-Profi André Berger

André Berger, Eishockeyspieler beim EHC Berlin Blues e.V. und langjähriger Hörgeräte-Träger.

Regionalliga, Oberliga und Deutsche Eishockey Liga…als ehrgeiziger Eishockeyspieler haben Sie nahezu in allen Ligen einer Profi-Eishockeykarriere gespielt. Doch wie sind Sie überhaupt zum Eishockey gekommen?

André Berger: Mein Vater hat mir viele Sportarten gezeigt und mir nahegebracht (über Fußball, Schwimmen, Tennis, Federball, Leichtathletik u.v.a.), schließlich auch Schlittschuhlaufen. Meine erste Bekanntschaft auf dem Eis – ein Probetraining bei einem Verein - habe ich im strömenden Regen auf einer Freifläche gemacht. Obwohl ich durchnässt bis auf die Haut war, war meine erste Frage… Wann gehen wir wieder hierher? Diese Sportart hat mich in ihren Bann gezogen.

Nun sind Sie seit Kindheit an von einer Schwerhörigkeit betroffen. Welche Herausforderungen waren für Sie besonders schwer, gerade zu Beginn Ihrer Eishockey-Zeit?

 André Berger: Ich bin von Geburt an schwerhörig und wuchs mit einer hörenden Welt auf. Jim Setters, dem ich heute noch Dank schulde, nahm mich zu den Preussen (=Eishockeyverein in Berlin) und dort ging meine Laufbahn aufwärts. Es war für mich durch die Kommunikation mit den Trainern und Spielern keine leichte Zeit. Ich konzentrierte mich sehr auf die Bewegung bzw. Technik und beobachtete die Spieler, oftmals die erste Mannschaft. Die Konkurrenz zwischen meinen Mitspielern war so hoch, weil sie es nicht wahrnehmen wollten, dass ein behinderter Mensch auch Erfolg haben kann. Ich spielte auch für den BEV (Berliner Eissport Verband) und durfte für die Nationalmannschaft (U16) auch ein paar Spiele bestreiten.

Es gab auch Zeiten, wo ich aufhören wollte, weil ich mich zu einsam fühlte. Man sagte mir aber immer wieder, dass ich was erreichen kann. Mit 17/18 Jahre erhielt ich meinen ersten Profi-Vertrag bei den Berlin Capitals und spielte bis zur Insolvenz des Vereins in der höchsten deutschen Spielklasse, der DEL. Besondere Ereignisse waren der Gewinn der Vizemeisterschaft mit der Nationalmannschaft des Deutschen Gehörlosen-Sportverbandes bei der Europameisterschaft und die Teilnahme an den 16. Winter-Deaflympics in Salt Lake City, USA.

Wer unterstützte Sie in den harten Zeiten am meisten und half Ihnen an Ihrem Traum festzuhalten?

André Berger: Ich bin meinen Eltern dankbar, die immer auf meiner Seite standen bzw. mich unterstützten. Meine Eltern haben sich aktiv mit dieser Sportart verbunden gefühlt und begleiteten mich bei der Ausübung mal als Betreuerin oder sogar als Offizieller. So war meine Mutter eine Zeit lang Betreuerin und mein Vater mehrmals Mannschaftsleiter. Ohne diesen Sport wäre ich in einer ganz anderen Entwicklungsphase.

Wann haben Sie Ihre ersten Hörgeräte bekommen? Tragen Sie diese auch beim Spiel unter Ihrem Helm?

Die größte Herausforderung auf dem Eis liegt im Beobachten, im Augenkontakt halten und im Körpersprache deuten.

André Berger: Mit 3 Jahren bekam ich meine ersten Hörgeräte. Ich spielte eine Zeit lang mit Hörgeräten, die aber immer wieder durch Schwitzen kaputt gingen. Seit dem 19. Lebensjahr spiele ich ohne Hörgeräte und komme sogar besser ins Spiel. Was die Ohren nicht leisten können, dass nehme ich mit den Augen auf. Viel beobachten, Augenkontakt halten und die Körpersprache deuten. Es ist nicht immer einfach, eben auch ein jahrelanger Lernprozess.

Dann sind Sie schon seit über 35 Jahren mit Hörsystemen vertraut und quasi auch ein Profi im Hörgeräte-Tragen. Wie würden Sie im Vergleich zu ihren ersten Hörsystemen den Mehrwert zu ihren heutigen Hörsystemen beschreiben?

André Berger: Die heutigen Hörgeräte können das menschliche Hören, auch wenn sich die Technik in den letzten Jahren stetig weiter entwickelt hat - noch - nicht ersetzen. Sie können es aber sehr nahebringen. Vergleiche sind aber ausgeschlossen, da man hören nicht abschalten kann. Es mag vermessen klingen, aber ein hörgeschädigter Mensch, sollte er das Hörgerät mal ausstellen, kann sich in die Stille unserer Welt zurückziehen und in sich gehen...

Vielen Dank André Berger für das Gespräch und die bleibenden Eindrücke.


Nach den vielen Fragen und Antworten wird es nun aber Zeit mir einen Platz in der Eishockeyarena des EHC Berlin Blues zu suchen, um André Berger zuerst beim Training und dann beim Spiel zuzuschauen. Ganz schön laut hier. Gut, dass ich meinen Gehörschutz im Ohr habe, der alles dämpft aber mich dennoch nicht von der familiären und jubelnden Fangemeinschaft ausschließt. Schließlich möchte ich auch im ruhigen Zustand noch lange die Kufencracks übers Eis gleiten hören. Und ob ich das tatsächlich noch kann, lasse ich mit einem kostenlosen Hörtest gleich morgen bei meinem Hörakustiker des Vertrauens überprüfen.


{AUTOR-BIANCA-B2C}