Siemens doch vor Verkauf der Hörgeräte-Sparte? Was würde das für Kunden und Akustiker bedeuten?

Siemens-Zentrale

Am 21.10 meldete das Handelsblatt, statt einem Börsengang sei ein direkter Verkauf von Siemens Hörgeräte an einen Finanzinvestor oder GN Resound sehr wahrscheinlich. Die Gespräche wären weit fortgeschritten.
Als Finanzinvestoren wurden die schwedische EQT und Permira mit Sitz in London genannt. Da die Börsen aktuell nicht sehr stabil sind, fürchte man in München, dass die Sparte unter Wert an den Markt käme.


Was würden die möglichen Szenarien nun für das Unternehmen, Kunden und Akustiker bedeuten?
Ob eine Beteiligung eines Finanzinvestors wünschenswert ist, hängt sehr stark vom Investor und dessen Philosophie ab. Permira machte in der Vergangenheit öfter von sich reden, die gekauften Unternehmen möglichst schnell zu "versilbern". So wurden beispielsweise Dividenden ausgeschüttet, die höher als der Gewinn waren, oder Schulden aus dem Kauf dem Zielunternehmen aufgebürdet. Siemens wäre hier ein attraktives Ziel, da die Sparte hohe Erträge liefert und damit Schulden oder Sonderdividenen relativ gut verkraften könnte. Natürlich ist nicht klar, ob Permira in diesem Fall ein ähnliches Vorhalten an den Tag legt wie z.B. bei Hugo Boss oder ProSiebenSat1. Trotz der Kritik haben sich beide Unternehmen nicht schlecht entwickelt.

EQT hingegen ist langfristig orientiert und setzt auf eine nachhaltige Entwicklung der gekauften Unternehmen. In einer Branche, deren Erfolg sehr stark von einer langfristig erfolgreichen Produktentwicklung und einem erfolgreichen Ausbau der internationalen Distributaion abhängt, sicherlich ein vielversprechender Ansatz. Vielleicht auch dieshalb der angebliche Wunschinvestor von Siemens.

Ein Verkauf an GN Resound würde beide Unternehmen, wenn man nur Hörgeräte betrachtet und Retail ausklammert, zum führenden Hersteller machen. Da in der Branche die Entwicklungsleistung extrem wichtig ist, müssten beide ihre Technologie-Plattformen mittelfristig zusammenführen. Siemens wird aktuell von Markt- und Analystenseite als führend in der Hörgeräte-Technolgie bewertet. Nicht zuletzt auch durch die Einführung von der Siemens binax-Hörgeräte. GN Resound hingegen hat sehr viel in die direkte Verbindung von iPhone und Hörgerät investiert und nimmt damit im Bereich Multimedia-Schnittstellen eine starke Rolle ein. Die Plattformen können nicht einfach verschmolzen werden, ohne eine Technolgie aufzugeben oder eine komplett neue Plattform zu schaffen. So oder so ein hohes Risiko, welches beide eingehen müssten, denn zwei Plattformen zu behalten ist keine langfristige Option. Würde es allerdings gelingen, das Beste aus beiden Welten zu nutzen und das größere Entwicklungsbudget effizient zu nutzen, wäre der Zusammenschluss eine Chance. Außerdem: ein Mehrwert für Kunden und Akustiker, die von einer noch besseren Technologie profitieren könnten.

Am Rande wurde ein Investment durch einen Hersteller von Consumer-Electronics wie Samsung ins Spiel gebracht. Die jeweils vorhanden Technologien wären für beide interessant. So könnte die Verknüpfung zu Schnittstellen durch das zusätzliche Know-how verbessert werden. Dies wäre auch im Bereich der Chip-Technologie möglich. Ob Samsung sich allerdings in den Hörgeräte-Markt hineinversetzen kann und diesen nicht behandeln möchte wie einen Consumer-Markt wäre offen.

Die Hörgerätebranche lebt sehr stark von Innovationen. Dies führt aktuell auch dazu, dass es für kleinere Hersteller zunehmend schwierig wird bei dem hohen Tempo mitzuhalten. Deshalb: ob Börsengang, ein langfristig denkender Investor oder ein erfolgreicher Merger, in diesen Fällen ist es sehr wahrscheinlich, dass mehr Geld in den Markt und die Produkte investiert wird. Das nützt Hörgeräteträgern und Akustikern gleichermaßen. Nur wenn ein Investor kurzfristig optimiert oder die Umsetzung eines Mergers fehlschlägt, wären das schlechte Nachrichten.

 

Quelle Bild: Siemens