Smartphone & Co machen Kinder schwerhörig

Smartphone & Co machen Kinder schwerhörig

Jedes siebte Kind mit lärmbedingter Schwerhörigkeit

So jedenfalls der Verdacht, der in einer niederländischen Studie nun geprüft wurde. Wie aus der Juli-Ausgabe 2018 der Ärztezeitung zu entnehmen war, untersuchten HNO-Ärzte vom Erasmus University Medical Center in Rotterdam die Häufigkeit auftretender lärmbedingter Schwerhörigkeiten bei Kindern in Verbindung mit einem portablen Audioplayer. (Studie zum Nachlesen: JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2018; online 14. Juni). Das Ergebnis scheint die Hypothese zu bestätigen.

57 Millionen Menschen in Deutschland nutzen ein Smartphone

Laut Umfrage im Juni 2017: 65% aller Smartphone-Musikhörer hören über Einsteckopffhörer 
© Statista

Allein in Deutschland nutzen laut Statista im Jahr 2018 knapp 57 Millionen Menschen ein Smartphone. Tendenz weiterhin zunehmend. Kein Wunder, verwandeln die zahlreiche Apps das Smartphone schließlich in einen mobilen Alleskönner. Besonders häufig jedoch, vor allem in der jüngeren Generation, wird dabei die Musikübertragung genutzt.

65 Prozent aller Smartphone-Musikhörer verwenden dafür Earbuds, also kleine, in den Gehörgang zu steckende Kopfhörer, während 30 Prozent über das Ohr umschließende Muschelkopfhörer hören. Die Crux an der Sache ist jedoch, dass Musik für viele Hörer erst dann genussvoll ist, wenn sie auch laut ist. Auf Dauer kann eine Lautstärke ab 85dB das Ohr schädigen. Die bleibende Folge: eine lebenslange Lärmschwerhörigkeit.

Studie belegt erhöhtes Risiko einer Lärmschwerhörigkeit durch tragbaren Audio-Player

Das niederländische Ärzteteam um Carlijn le Clercq nutzte dabei die Daten der Rotterdamer Generation-R-Studie. Einer vorausschauenden und bevölkerungsbasierten Kohortenstudie. Alle Teilnehmer sind dabei bereits seit ihrer Geburt unter medizinischer Beobachtung und durchlaufen im Alter zwischen neun und elf Jahren einer Reintonaudiometrie, die das Hörvermögen zwischen 0,5 kHz und 8kHz untersucht.

Von 3.116 Kindern mit normaler Mittelohrfunktion, deren Reintonaudiometrie zwischen 2012 und 2015 durchgeführt wurde, waren 443 Kinder (14,2 Prozent) von einer Hochtonschwerhörigkeit betroffen. 232 Kinder hatten zudem begleitende Erscheinungen einer Lärmschwerhörigkeit, wie Tinnitus, Verzerrungen oder Geräuschüberempfindlichkeiten. 16 davon dauerhaft.

Verglichen wurden die Ergebnisse mit den Befragungen der Eltern zum Nutzungsverhalten ihrer Kinder von tragbaren Audio-Playern. 1.244 Kinder hatte keine Erfahrungen, bei 1.041 Kindern lagen keine Angaben vor, 577 Kinder hörten ein- bis zweimal die Woche und 254 Kinder sogar mehr als dreimal die Woche über ein mobiles Endgerät.

Das Ergebnis: Bei nahezu jedem dritten Kind das einen Audio-Player nutzte, konnte ein Hochfrequenzhörverlust in Verbindung gebracht werden. Jedoch konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden, dass der Hörverlust ausschließlich durch den Audio-Player hervorgerufen wurde. Übertragen auf die Gesamtbevölkerung, würde dies bedeuten, dass jedes siebte niederländische Kind zwischen neun und elf Jahren bereits erste Lärmschäden im Ohr verzeichnen kann.

Vorsorge mittels Hörtest immer günstiger als Nachsorge

Kopfhörer mit aktiver Lärmdämpfung lassen Musik leiser eingestellt, deutlich hören. Ihre Ohren werden es Ihnen danken.
© Sennheiser

Sicherlich ist die Erkenntnis auf andere Länder anwendbar und es empfiehlt sich Eltern ihre Kinder über die Auswirkungen zu hoher Lautstärken aufzuklären. Auch wenn in Deutschland MP3-Player und Smartphones, laut EU-Richtlinie, ohnehin nicht lauter als 85 Dezibel (dB) sein dürfen, ist es ratsam Musik über Muschelkopfhörer zu hören. Diese bieten zum Teil eine aktive Geräuschunterdrückung von außen kommender Geräusche, so dass Musik als solches auch leiser eingestellt, deutlich hörbar ist.

Kleiner Tipp: Hörakustiker bieten einen kostenlosen Hörtest zur Überprüfung der Hörfähigkeit an und können sogar hörbar demonstrieren, wie sich das Hören mit einem Hörverlust anhört. Vielleicht können Sie damit ihrem Sprössling die Auswirkungen einer Lärmschwerhörigkeit veranschaulichen. Denn wie aus dieser Studie hervorgeht, ist Schwerhörigkeit keine Frage des Alters.