Verkauf Siemens Hörgeräte: EQT und Familie Strüngmann erhalten Zuschlag

Siemens verkauft Hörgerätesparte

Nach vielen Gerüchten in den letzten Wochen und Monaten gab Siemens heute offiziell den Verkauf der Hörgeräte-Sparte an EQT und die Familie Strüngmann (über Santo Holding) bekannt. EQT ist ein schwedischer Investor und die Familie Strüngmann gründete das Pharma-Unternehmen Hexal.

Der Kaufpreis beträgt 2,15 Mrd. Euro. Siemens erhält bei guten Geschäften eine Option auf weitere Zahlungen und bleibt mit 200 Mio. Euro in Vorzugskapital investiert. Im ersten Quartal 2015 soll die Transaktion vollzogen sein. Wichtig: die Marke Siemens bleibt erhalten.

Der Grund für den Verkauf ist unter anderem ein Umbau des Konzerns, der von CEO Joe Kaeser sehr aktiv vorangetrieben wird. Siemens Hörgeräte hat wenige Synergien zu anderen Geschäftsbereichen. Gleichzeitig sind die Anforderungen des Retail-orientierten Hörgerätesparte unterschiedlich zum Kerngeschäft der Siemens AG. Durch Produktinnovationen wie micon oder die kürzlich gelaunchte binax Plattform hat sich Siemens Hörgeräte in den letzten Jahren sehr erfolgreich entwickelt. Der Umsatz 2014 beträgt 693 Mio. Euro bei einem EBITDA von 145 Mio. Euro. Zum Vergleich liegt Sonova 2013/2014 in Abhängigkeit der Wechselkurse bei ca. 350 Mio. Euro. Dies bedeutet, dass Siemens zum etwa 15 fachen Preis des EBITDA verkauft hat und Sonova mit 8,46 Mrd. Euro Börsenkapitalisierung (Stand: 6.11.) mit ca. 25 einen deutlich höheren Multiplikator erzielt.

Die Chance auf einen höheren Preis war Siemens anscheinend aufgrund der aktuellen volatilen Börsensituation mit zu viel Risiko verbunden. Gleichzeitig bedeutet ein Börsengang auch sehr viel Aufwand, der nun in Produkte und Kunden investiert wird.

Wir hatten die Frage gestellt, was dies nun für den Markt bedeutet:
Zunächst ist es sehr vorteilhaft, dass die Marke Siemens erhalten bleibt. Das bedeutet Kontinuität und insbesondere in Deutschland ist die Marke auch für den Akustiker hilfreich bei Werbung und Verkauf von Hörgeräten. Klar ist auch, dass durch den Verkauf bleiben natürlich sämtliche Garantieansprüche, Reparaturen, Services, Versicherungen gegen Verlust und Beschädigung unverändert bestehen bleiben. Das erklärt die Siemens Audiologische Technik auch auf ihrer Internetseite.

Da Siemens selbst investiert bleibt, im Beirat des Unternehmens sitzt und gleichzeitig bei erfolgreicher Entwicklung zusätzlich belohnt wird, ist zu anzunehmen, dass die neuen Investoren eine Wachstums- und Innovationsstrategie verfolgen, wie in den letzten Jahren zuvor. Gerüchte, dass der Kaufpreis über Schulden finanziert wird, wurden weder bestätigt noch dementiert. Allerdings wird ein Eigenkaptal von 1,1 Mrd. Euro angekündigt, was je nach dessen Zusammensetzung eine solide Basis für zukünftiges Geschäft wäre. In der genauen Gestaltung der Kapitalausstattung liegt sicherlich noch ein gewisses Fragezeichen. Informationen gab es dazu nicht.

In Summe glauben wir, dass der Verkauf sich positiv auf den Markt auswirkt. Siemens wird mehr in Innovation und Vertrieb investieren können und behält die Marke. Gleichzeitig müssen, anders als bei einem Börsengang, weniger Ressourcen für die nötigen Formalien verwendet werden. Diese können ebenfalls sinnvoll für das Unternehmen verwendet werden. Eine Zusammenführung von Technologien, die ein Unternehmen lähmen kann, ist nicht nötig. Wenn der Investor den Markt als Wachstumsmarkt und Innovationsmarkt begreift, dürfte Siemens Hörgeräte von mehr Freiheiten profitieren, als das im Konzernverbund der Fall war und damit schneller und flexibler werden. Und die neuen Anteilhaber sind auf dem Gesundheitsmarkt nicht unbekannt. EQT verfügt in Deutschland über BSN Medical, ein Anbieter in den Bereichen Wundversorgung, Orthopädie und Phlebologieund, und Roeser Medical, einem Systemdienstleister für Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen. Die Marke HEXAL der Familie Sprüngmann steht für sich. Insgesamt befindet sich die Siemens Hörgerätesparte hier in guten Händen.

"Das Siemens-Hörgerätegeschäft hat eine lange Tradition für innovative und qualitativ hochwertige Produkte. Beeindruckt sind wir besonders von der starken Entwicklung in den vergangenen Jahren. EQT wird das Management und die Belegschaft voll und ganz dabei unterstützen, das Geschäft weiter zu entwickeln”, sagt Marcus Brennecke, Partner bei EQT.

Dann nehmen wir ihn beim Wort und freuen uns auf weitere Innovationen.

 

Foto: siemens.com/presse