Apple goes Hörgeräte: iOS 15 macht Ansage

Apple goes Hörgeräte: iOS 15 macht Ansage

Neue Funktionen für Schwerhörige mit iOS 15

Anfang des Jahres gab Apple die ersten Ergebnisse der hauseigenen Hearing Study bekannt, einer großangelegten Studie über das Hörverhalten von iPhone-Nutzern. Sie zeigte, dass eine erschreckend hohe Anzahl von US-Amerikanern mit einer Lärmbelastung lebt, die über den von der WHO empfohlenen Grenzwerten liegt. Eine Tatsache, die Apple augenscheinlich nicht auf sich beruhen lassen kann: Der Consumer Electronics-Riese mutiert mit dem kommenden iOS 15 Update kurzerhand zum Hörgesundheit-Propheten und enthüllt neue Features – eine klare Ansage!

Made for iPhone: Apple ermöglicht Hands-Free-Telefonie mit Hörgeräten

Welch Innovation läutete damals das Made For iPhone (MFI)-Protokoll für Hörgeräte ein: Audio Streaming direkt vom Smartphone in die Hörgeräte brachte Schwerhörigen einen gewaltigen Lifestyle-Boost – zumindest den iPhone-Besitzern. Die hier genutzte Bluetooth Low Energy-Technologie war im Vergleich zu Bluetooth Classic deutlich energiesparender, hatte aber einen Nachteil: Das Audiosignal konnte nur in eine Richtung gesendet werden. Bei Telefonaten konnte das Gespräch zwar in die Ohren gestreamt werden, Hands-Free-Telefonie war jedoch nur mit optionalen externen Mikrofonen möglich.

Bild-Titel

Mit der neuen Funktion Conversation Boost, können AirPods Pro zukünftig dazu genutzt werden, Gesprächspartner besser zu verstehen.

Die Einführung von iOS 15 im September 2021 soll das ändern: das MFI-Update erlaubt die Übertragung von Audio-Inhalten in beide Richtungen. Für Hands-Free-Telefonate werden somit keine externen Mikrofone mehr benötigt. Bemerkenswert ist, dass einige Hörgeräte theoretisch bereits über diese Bluetooth-Funktionen verfügen. Sobald das iOS 15-Update verfügbar ist, müsse die neue Freisprechfunktion lediglich mithilfe eines Firmware-Upgrades aktiviert werden. Bis Hands-Free-Telefonie mit Hörgeräten flächendeckend angeboten werden kann, müsse man jedoch zunächst warten, bis die Hörgerätehersteller genügend Modelle für bidirektionale Audioübertragung angepasst haben.

Angepasster iPhone-Klang mithilfe von klinischen Audiogrammen

Wie sehr Apple auch der Audio-Genuss schwerhöriger Menschen am Herzen liegt, bezeugt jedoch nicht nur das Made for iPhone-Protokoll. Aktuell können bereits über diverse Hörtest Apps erstellte Audiogramme hochgeladen werden, welche das iPhone nutzt, um den Kopfhörer-Sound dem individuellen Gehör und etwaigen Schwächen anzupassen.

Apple geht aber noch einen Schritt weiter: Über die Apple Health App können zukünftig auch klinische Audiogramme hochgeladen werden, die von einem Arzt oder Audiologen erstellt wurden – per PDF oder Foto des Dokuments. Damit können bestimmte Frequenzen angehoben oder gesenkt und das Audioerlebnis an das individuelle Gehör angepasst abgerundet werden, und zwar basierend auf professionell erhobenen Daten.

iPhone und AirPods Pro: Der erste Schritt zum Apple Hörgerät?

Doch damit nicht genug. iOS 15 ermöglicht den Apple Kopfhörern AirPods Pro eine weitere völlig neue Funktion, die die Vermutung von Ambitionen seitens Apple bestärken, zunehmend am Hörgerätemarkt teilhaben zu wollen: Neben dem Transparenzmodus und Active Noise Cancelling sollen die Earbuds künftig über einen sogenannten Conversation Boost verfügen – Eine waschechte Hörgeräte-Funktion, von der Schwerhörige – anders als bisher – nicht nur aufgrund eines positiven Nebeneffekts profitieren, sondern die extra für sie entwickelt wurde.

Mit der neuen Audiogrammfunktion in der Apple Health-App kann der Klang von Audioinhalten an die individuelle Hörminderung angepasst werden.
© Apple
Die Hintergrundgeräusche-Funktion schafft mit Ozean-, Regen- oder Rausch-Tönen Ablenkung vom Umgebungslärm und sorgt für Entspannung.
© Apple
Der Conversation Boost hebt die Sprache an, gleichzeitig können Störgeräusche minimiert werden: Apple AirPods mit Hörgerätefunktionen.
© Apple

Apple Hörlösung für Tinnitus Patienten

Zwar nicht extra für hörgeschädigte Menschen entwickelt, jedoch hilfreich für Tinnitus-Patienten, könnte auch die neue Hintergrundgeräusche-Funktion sein, die künftig in den iPhone Einstellungen zu finden sein soll. Vordergründig sei sie dafür gedacht, Ablenkung durch störende Umgebungsgeräusche zu minimieren. Beruhigende Klänge wie der Ozean, Regen oder verschiedene Rauschtöne helfen, sich zu fokussieren, zu beruhigen und zu entspannen – möglicherweise auch dann, wenn es sich um lästige Ohrengeräusche statt um Störlärm von außen handelt.

Apple wendet sich mehr und mehr Schwerhörigen zu

Nach den Ergebnissen der Hearing Study konnten Features dieser Art nicht lange auf sich warten lassen. Neben des Made for iPhone-Protokolls, das nun auch Hands-Free-Telefonie ermöglicht ist besonders der neue Conversation Boost der AirPods ein audiologisches Highlight, das unbestreitbar die Fühler nach einer neuen Zielgruppe ausstreckt: Die hart umkämpfte Gruppe der Menschen mit leichtem bis mittleren Hörverlust, die noch nicht bereit für Hörgeräte ist.

Sicher sind all die Funktionen noch lange nicht auf dem ausgereiften Standard, den klassische Hörgeräte vorweisen können – Eine erste Hilfe können sie jedoch allemal stellen. Zumindest in den USA könnten Apple-Produkte wie AirPods Pro dadurch nicht nur zu einem ernsten Konkurrenten des ungleich teureren Bose-Hörgeräts werden, das vor kurzem seine Markteinführung feiern durfte.


Bildquelle Teaser-Bild: https://appleinsider.com/articles/21/06/07/apple-enhances-airpods-with-conversation-boost-find-my-integration-spatial-audio-for-apple-tv


Tags: