25 Jahre Digitaltechnik in Hörgeräten

25 Jahre Digitaltechnik in Hörgeräten

Vor 25 Jahren kam das erste digitale Hörgerät auf den Markt. Seitdem hat sich einiges getan. Von neuen Bauweisen, bis hin zu beeindruckenden Features, die allesamt auf eine Verbesserung des Klangs, des Komforts, des Sprachverstehens – Die Hörgerätebranche darf sich nicht ohne Grund als beeindruckend innovativ bezeichnen. Wir blicken zurück auf das letzte Vierteljahrhundert und ein paar wegweisende Innovationen, die dazu führten, dass Schwerhörige heute die Lebensqualität von früher zurückbekommen.

Digitaltechnik in Hörgeräten

Was heute völlig normal ist, war vor 25 Jahren ein riesiger Meilenstein, der die gesamte Hörgerätebranche veränderte: Digitale Hörtechnik startete einen Boom, den jeder Hersteller mitnehmen musste, wenn er relevant bleiben wollte. Digitaltechnik durchbrach Grenzen, die vorher als gegeben hingenommen wurden.

Die ersten digitalen Hörgeräte lösten eine Revolution in der Hörgerätebranche aus. V.r.n.l.: Widex Senso, Oticon DigiFocus, Siemens Triano und Phonak Claro.

Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Lautstärke der Hörgeräte mithilfe von Einstellschrauben angepasst. Mit dem Einzug von Digitaltechnik übernahmen diese Aufgabe winzig kleine, programmierbare Computer, die darüber hinaus eine Vielzahl an Detaileinstellungen ermöglichten – getreu dem Motto: Jedes Gehör ist individuell.

Plötzlich war der Platz im Gehäuse kaum noch begrenzt: Durch Digitaltechnik war es erstmals möglich, Richtmikrofone, automatische Lautstärkeeinstellungen, automatische Hörprogramme oder Fernbedienungen zu nutzen – Besonders für Widex ist all das ein besonderer Grund zu feiern. Denn dieser Hersteller war es, der 1996 mit Widex Senso das erste volldigitale Hörgerät der Weltöffentlichkeit präsentierte.

Bereits ein Jahr später waren 200.000 Widex Senso-Hörgeräte verkauft; die anderen Hersteller zogen nach: Oticon mit DigiFocus, Siemens mit Triano, schließlich auch Phonak mit Claro. Die nun etablierte Digitaltechnik schaffte eine Basis für viele weitere bahnbrechende Erfindungen, die allesamt darauf abzielten, den Komfort und den Klang von Hörgeräten immer mehr dem Leben mit gesundem Gehör anzugleichen – und darüber hinaus.

Signia Pure Charge&Go AX ist ein klassisches RIC-Hörgerät: Der Hörer sitzt im Ohr, wodurch das Gerät deutlich kleiner und filigraner ist, gleichzeitig wird kein dicker Schallschlauch benötigt.
© Signia

RIC-Bauweise

Nicht viel später erhielt eine neue Hörgerätebauweise die einzug, die heute fest etabliert ist und einen Großteil der verkauften Hörgeräte darstellt: RIC (Receiver in Canal) oder auch Ex-Hörer.

Bei herkömmlichen Hörgeräten war der Hörer, also der Lautsprecher, hinter dem Ohr platziert. Die neue Bauweise versetzte den Hörer ins Ohr, was einige Vorteile mit sich brachte: Da Technik hinter dem Ohr und damit Platz eingespart werden konnte, wurden die Geräte deutlich kompakter.

Zudem konnte auch der sichtbare Schallschlauch eingespart werden, der mitunter für den negativ konnotierten Look eines Hörgeräts verantwortlich war. Für die Verbindung von Hörer und Gerät wurde stattdessen nur noch ein dünner, fast unsichtbarer Draht benötigt.

Ohr zu Ohr-Synchronisation

Die Erfindung von Binauralem Hören mit Hörgeräten wurde 2012 mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet, wenngleich das erste binaurale Hörgerät 2004 vorgestellt wurde. Siemens gelang es in Zusammenarbeit mit der Universität Oldenburg, die Hörgeräte an beiden Ohren zu einem binaural arbeitenden Hörsystem zu kombinieren. Per Funk kommunizieren beide Hörgeräte, stimmen sich ab und tauschen Daten aus.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren Hörgeräte darauf ausgelegt, nur ein einzelnes Ohr zu versorgen. Bei beidseitiger Versorgung nahmen sie den Klang getrennt auf, was vor allem in halligen Räumen, bei mehreren durcheinanderredenden Menschen oder bei lauten Hintergrundgeräuschen in einem unverständlichen Klangchaos resultierte. Binaurale Hörsysteme nehmen hingegen die räumlichen Eigenschaften eines gemeinsamen Schallfeldes auf und kombinieren die Informationen zu einem einheitlichen Gesamtbild.

Bluetooth und Streaming

Die ersten Hörgeräte mit Bluetooth-Technologie wurden 2005 der Öffentlichkeit präsentiert: Erstmals war es möglich, über Hörgeräte Telefonate zu führen. Wirklich handfest wurde die Bluetooth-Nutzung aber erst ab 2013. Damals brachte GN ReSound eine Smartphone-App heraus, über die die Hörgeräte gesteuert werden konnten, bis der Hersteller im Jahr darauf das erste Hörgerät präsentierte, welches direktes Streaming von Audio vom iPhone, iPad oder iPod ermöglichte: der Beginn von Bluetooth-Streaming, welches heute bei fast jedem Hörgerät Standard ist.

Back to the Roots: Auf zu neuem Hören

Nachdem Komfortfeatures wie aufladbaren Akkus, Bluetooth, oder Personalisierungsoptionen wie beim Signia Assistant, nun allgegenwärtig sind, ging der Technologieweg jüngst wieder mehr in Richtung Sprachverstehen und natürliches Hören; heutzutage jedoch auch mit Unterstützung von künstlicher Intelligenz und Maschinenlernen.

Durch die Widex PureSound-Technologie wird der Klang bei auch bei offener Versorgung ähnlich natürlich wie ohne Hörgerät wahrgenommen. 
© Widex

Oticon mit BrainHearing verfolgt die Philosophie, dem Gehirn möglichst alle Klänge zur Verfügung zu stellen, damit es selbst entscheiden kann, was wichtig ist. Phonak verwendet ebenso wie Signia für Hörgeräte der aktuellen Generation Bewegungssensoren, deren Informationen in die Klangsituation miteinberechnet werden. Darüber hinaus stellte Signia vor kurzem den neuen AX-Chip vor, der den Signalen von Sprachfokus und Umgebungsgeräuschen jeweils einen eigenen Signalverarbeitungsweg zuordnet, was die Kontraste zwischen Sprache und Hintergrund erhöht und das Sprachverstehen deutlich vereinfacht.

Auch Widex hat den Erfindergeist von damals nicht verloren. Die aktuelle Moment-Plattform löst mit PureSound-Technologie ein Problem, das für viele Menschen mit leichtem bis mittlerem Hörverlust ein Grund war, sich gegen Hörgeräte zu entscheiden: Die hörbare Latenz und damit ein unnatürlich-blecherner Klang. Mithilfe eines zusätzlichen, ultraschnellen Signalwegs ist der Hörgeräteklang damit nahezu synchron zu den Geräuschen, die das Resthörvermögen zusätzlich von außen wahrnimmt.

Es ist beeindruckend, wie weit die Technologie in Hörgeräten heute schon ist. Doch eins ist sicher: Sie ist noch lange nicht am Ende angelangt. Die Hersteller forschen stetig an neuen Technologien, um dem Ziel, so natürlich wie möglich zu hören, immer näher zu kommen - und vor allem um die Akzeptanz von Hörgeräten immer weiter zu steigern, damit jeder die Chance nutzen kann und möchte, wieder gut zu hören.


Zum Weiterlesen:

Zwei Jahrzehnte voller Hörgeräte-Innovationen

Chip-Plattform: Signia Augmented Xperience

Phonak Paradise Plattform

Oticon BrainHearing

Widex PureSound


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